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Die Grünen: Von links gefesselt

Hat das Desaster erst einmal laut an die Tür geklopft, ist die Erleichterung umso größer, wenn es dann doch ausbleibt. Auf dem Nürnberger Parteitag der Grünen hat die kleinste Oppositionspartei im Bundestag am Wochenende eine Katastrophe noch einmal abgewendet.

Von Hans Monath

Hat das Desaster erst einmal laut an die Tür geklopft, ist die Erleichterung umso größer, wenn es dann doch ausbleibt. Auf dem Nürnberger Parteitag der Grünen hat die kleinste Oppositionspartei im Bundestag am Wochenende eine Katastrophe noch einmal abgewendet. Die von mehreren Niederlagen angeschlagene Parteispitze setzte sich in der Debatte um die Sozialpolitik mit ihrem Grundsicherungsvorschlag durch und muss nun ihre Stühle nicht räumen. Die Führungsfiguren geeint hatte vor allem die Angst vor der Niederlage – deshalb traten sie anders als beim desaströsen Afghanistan-Parteitag in Göttingen nun geschlossen auf. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Weshalb die Grünen-Spitze sich in der Sozialstaatsdebatte nur zu einem hohen Preis gegen das bedingungslose Grundeinkommen durchsetzen konnte. Um die Mehrheit zu sichern, packte die Führung nach dem Stapelverfahren viele teure Wünsche übereinander.

Deshalb rücken die Grünen nun nicht nur deutlich von Hartz IV ab. Zu groß war die Furcht, als letzter Hartz-Verteidiger dazustehen, während sich selbst die große Koalition zu Korrekturen durchringt. Das größere Problem ist: Die Grünen sprechen sich nach skandinavischem Muster für teure staatliche Interventionen gegen die soziale Spaltung der Gesellschaft aus. Gleichzeitig wollen sie den Sozialstaat nach deutschem Muster ausbauen. Die Tatsache, dass angesichts knapper Mittel nur ein Weg gangbar ist, ignorieren sie dabei.

Parteirebell Oswald Metzger drang mit seiner Mahnung nicht durch, dass die Partei nach sieben Jahren Regierungsverantwortung nicht ohne Verlust an politischer Substanz und Glaubwürdigkeit in den Stand visionärer Unschuld zurückkehren könne. Auf das Lecken von Wunden aus der rot-grünen Regierungszeit verwenden die Grünen gegenwärtig mehr Energie als auf die Suche nach Strategien, wie sie bald wieder in Regierungsverantwortung gelangen können.

Die Partei rückt deutlich nach links. Dabei gibt es Zweifel, ob diese Verortung strategisch vernünftig ist. Gegen die Linkspartei ist so nichts zu gewinnen. Und eine Positionierung, die nur die SPD als potenziellen Partner übrig lässt, stärkt auch nicht gerade die strategischen Optionen der Grünen. Eine Selbstfesselung der Grünen an die Sozialdemokraten nämlich schwächt die Wahrscheinlichkeit einer Alternative zur großen Koalition nach der nächsten Bundestagswahl.

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