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Meinung: Die Grünen: Zwei Grüne ändern ihre Pläne

Sie wollten da sein, wenn der Castor kommt, wollten Verbundenheit mit den Atomkraftgegnern im Wendland demonstrieren: Claudia Roth und Fritz Kuhn. Die beiden Grünen-Parteichefs aber sind von den Ereignissen der letzten Tage, beginnend mit dem Abend der Landtagswahlen, überrollt worden - und mussten sich jetzt entscheiden, wen sie zuerst enttäuschen: ihre Vorfeldgruppen, die Bürgerinitiativen, oder ihre parlamentarische Vertretung, die Bundestagsfraktion.

Sie wollten da sein, wenn der Castor kommt, wollten Verbundenheit mit den Atomkraftgegnern im Wendland demonstrieren: Claudia Roth und Fritz Kuhn. Die beiden Grünen-Parteichefs aber sind von den Ereignissen der letzten Tage, beginnend mit dem Abend der Landtagswahlen, überrollt worden - und mussten sich jetzt entscheiden, wen sie zuerst enttäuschen: ihre Vorfeldgruppen, die Bürgerinitiativen, oder ihre parlamentarische Vertretung, die Bundestagsfraktion.

Der Ausweg aus diesem Dilemma war eine kühle Kosten-Nutzen-Entscheidung. Ein vereinzelter Besuch von Kuhn und Roth im Wendland reicht nicht aus, um verlorenen Boden wieder gutzumachen. Ein versäumter Besuch in der Fraktion dagegen könnte bedeuten, dass schnell noch mehr an Einfluss verloren geht: Trittin, der Hasardeur vom Dienst, hat die Grünen nach Wahlanalysen Stimmen gekostet, und nun kostet er die Spitzen der Partei Nerven. Denn in der Fraktion steigt die Zahl derer, die hinter vorgehaltener Hand seinen Rücktritt fordern. Sie gewinnen Zulauf, auch weil Trittin an Wert für die Einbindung der Linken in die Regierungsarbeit verloren hat.

Eine gespaltene Fraktion, die womöglich noch bei der am Donnerstag anstehenden Abstimmung über Trittin nicht alle Stimmen zusammenhalten kann, verliert zugleich als Koalitionspartner. Deshalb hatte die Fraktion für die Parteichefs notwendigerweise Vorrang - denn Trittin soll gehalten werden: gegen die öffentliche Meinung, gegen die Union und für die alte Klientel, die Öko-Kämpfer im politischen Vorfeld. In vielen mails an Fraktionschef Rezzo Schlauch wird Jürgen Trittin unterstützt. Stamm- und Wechselwähler der Grünen sind in der causa Jürgen offenbar sehr unterschiedlicher Ansicht. Darauf gilt es zu achten, immerhin wollen Claudia Roth und Fritz Kuhn später doch noch ins Wendland. Eine Entsolidarisierung würde dort (und nicht nur dort) als paradox empfunden.

Nun hat die Union über Trittin im Bundestag eine namentliche Abstimmung beantragt. Dabei sollte man doch meinen, dass sich die Trittin-Gegner auch bei den Grünen nur im Schutz der Anonymität trauen, ihm das Vertrauen zu entziehen. So wird das aber nicht gelingen. Es ist gut möglich, dass CDU und CSU das sogar gefällt: Trittin im Amt halten, damit sie umso besser die Koalition und ihren Kanzler der Führungsschwäche beschuldigen können. Die Union, die eine Solidarisierung der Grünen mit ihrem Umweltminister aktiv fördert - nicht, dass am Ende Merkel und Merz noch für Roth und Kuhn ins Wendland reisen.

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