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Meinung: Die hohe Schule des Populismus Von Anja Kühne

Jürgen Möllemann bezeichnete sie als „griechische Landschildkröte“, Helmut Kohl nannte sie die „reaktionärste Einrichtung der Bundesrepublik“. Genauso denkt auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff über die Kultusministerkonferenz (KMK) – und zieht die Konsequenzen.

Jürgen Möllemann bezeichnete sie als „griechische Landschildkröte“, Helmut Kohl nannte sie die „reaktionärste Einrichtung der Bundesrepublik“. Genauso denkt auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff über die Kultusministerkonferenz (KMK) – und zieht die Konsequenzen. Sein Land wird die KMK verlassen. Wulff führt das Gremium in der Öffentlichkeit als aufgebläht, ineffizient und teuer vor. Als einen Verein, in dem die Bremser dynamischen Reformern wie ihm selbst das Tempo vorschreiben.

Kann die Kultusministerkonferenz den Ministerpräsidenten aber tatsächlich daran hindern, seine Schulen und Hochschulen voranzubringen? Wohl kaum. Die Verfassung legt die Bildungshoheit in die Hände der Länder. Es ist also keineswegs die Schuld der KMK, dass Niedersachsen in der Amtszeit Wulffs die Klassenfrequenzen erhöht hat. Dass das Land bei der Reform der Lehrerausbildung alten Wein in neue Schläuche füllt. Oder dass Wulffs Regierung die Mittel für die Lehrerfortbildung gekürzt hat und im kommenden Jahr bis zu 40 Millionen Euro bei den Lehrerstellen sparen will. Wulff entscheidet, nicht die KMK, ein Abstimmungsgremium. Eine andere Frage ist dagegen, ob die KMK auch kostengünstiger arbeiten könnte. Das zu klären ist Aufgabe von Experten.

Wulff behauptet, die KMK sei nicht handlungsfähig – zu Unrecht. Gerade haben sich die Länder in kurzer Zeit auf entscheidende Schritte in der Bildungsreform verständigt. Natürlich könnte die KMK das Prinzip der Einstimmigkeit aufgeben, wie Wulff fordert. In Zukunft könnte eine ZweiDrittel-Mehrheit für Beschlüsse reichen. Dann müssten sich die Regierungen der Länder und deren Wähler aber damit abfinden, dass andere Kräfte in der KMK über ihr Schulwesen bestimmen. Eine sozialdemokratische Übermacht könnte Bayern die Gesamtschulen aufzwingen, eine konservative Berlin die sechsjährige Grundschule verbieten. Ist das wünschenswert? Wulffs Populismus ist überflüssig – und gefährlich. Er desavouiert den gemeinsamen Auftritt der Länder im In- und Ausland, schädigt das schon angeschlagene Ansehen der Bildungspolitik und treibt sie in lähmendes Chaos. Die Leidtragenden sind Deutschlands Schüler und Studenten.

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