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Die israelische Strategie: Immer der Lage nach

Die Erfolgsbilanz der israelischen Armee im Krieg um den Gazastreifen sieht bisher gut aus. Dabei weiß offenbar noch nicht einmal die Regierung um Ehud Olmert, was ihr taktisches Ziel ist. Das mag verantwortungslos erscheinen. Muss es aber nicht sein.

Den Krieg um den Gazastreifen haben die israelische Regierung und die Armeespitze militärisch bisher vorbildlich geführt. Es gab klare taktische Ziele während der ersten Phase der Luftangriffe – und offenbar auch zu Beginn der Bodenoffensive. Entsprechend gut sieht die bisherige Erfolgsbilanz aus, die durch das Versagen der gegnerischen Hamas-Führung noch aufpoliert wurde.

Doch weder die Soldaten noch die israelische Öffentlichkeit wissen um das strategische Ziel dieses Krieges. Offensichtlich ist das taktische Ziel noch nicht einmal der amtierenden Regierung um Ehud Olmert bekannt. Andernfalls wäre sie in der Lage, ihre Absichten in der israelischen Öffentlichkeit entsprechend zu kommunizieren.

Das mag verantwortungslos erscheinen. Muss es aber nicht sein. Wenn die Strategie dem jeweiligen Kriegsverlauf angepasst wird, beweist das eine große Flexibilität auf der israelischen Seite. Dies kann durchaus zum Erfolg führen. Eine Vorbedingung ist, dass zu Kriegsbeginn ein nicht allzu hochgestecktes strategisches Ziel gefunden wird, um dann nach taktischen Erfolgen weitergehende Ziele anzustreben. Man kann sich andererseits auch mit dem Erreichten begnügen und dies im Nachhinein zum eigentlichen Ziel erklären, sollte sich das Kriegsgeschehen doch noch wenden.

Hört man sich Ministerpräsident Olmert und Verteidigungsminister Ehud Barak zu Beginn der zweiten Kriegsphase an, so muss man den Eindruck gewinnen, dass diese beiden hochintelligenten und schlauen, aber nicht unbedingt klugen Politiker genau diese Linie der flexiblen Strategie verfolgen. Sie versprachen zuerst, die Raketenbedrohung aus dem Gazastreifen zu beenden, reden nun von einer weiteren Schwächung der Hamas und hoffen insgeheim wohl auf deren Sturz.

Letzteres ist aber weder mit den anfänglichen Luftangriffen noch mit der beschränkten Bodenoffensive zu erreichen. Deshalb wurden zehntausende israelische Reservisten mobilisiert. Diese warten jetzt an der Grenze zum Gazastreifen auf ihren möglichen Einsatz – je nachdem, wie sich der Krieg entwickelt. Schafft es die Hamas nicht, den kleineren israelischen Truppenverbänden die Stirn zu bieten, so könnte sich Israels Armeeführung dazu verleiten lassen, mittels eines eigentlichen Einmarsches in den kompletten Gazastreifen (unter Einsatz der wartenden Reservisten) diesen vorübergehend zu erobern und die Hamas so doch zu stürzen.

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