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Kommunistin Luciana Castellina

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Die Journalistin und Politikerin Luciana Castellina: "Reinster Berlusconismus!"

Die 84-jährige Journalistin und frühere kommunistische Politikerin Luciana Castellina berichtet im Berliner "Babylon" von ihrem politischen Leben - und Kämpfen. Und was Berlusconi mit dem Kommunismus zu tun hat.

"Oma, stimmt das, dass du Kommunistin bist?“ „Ja klar, Vito. Auch dein Opa ist Kommunist.“ „Opa? Nein, Oma, das kann nicht sein! Opa ist doch so nett.“ So beginnt der Dokumentarfilm, den der italienische Regisseur Daniele Segre über Luciana Castellina gedreht hat. Das ungläubige Staunen des Elfjährigen, das die Großmutter lakonisch schildert, spiegelt klar, was das einmal hieß: eine italienische Kommunistin sein.

„Eine Anomalie“ war das, sagt die heute 84-Jährige: parlamentarisch-demokratisch und, wenngleich nicht ewig, moskautreu. Die Sache mit Moskau war Castellinas Sache freilich nicht.

1969 wurden sie und andere Genossen aus der KPI ausgeschlossen, in die Castellina, Tochter aus gutem Haus im bourgeoisen römischen Stadtteil Parioli, 1947 eingetreten war. Sie hatten es im Jahr nach dem Prager Frühling gewagt, eigenmächtig eine Zeitung zu gründen. „Il manifesto“ hieß das Blatt in ironischer Anspielung auf den Religionsstifter aus Trier und beharrte im Untertitel „Kommunistische Tageszeitung“ darauf, dass sie selbst – mehr als die Inquisitoren im Politbüro – seine Erben seien. Das Motto trägt es noch, doch das Blatt selbst ist dem Ruin heute näher als dem Leben, und Castellina wie die meisten der noch lebenden Gründer, die Überfigur Rossana Rossanda darunter, haben ihm inzwischen aus vielen Gründen den Rücken gekehrt.

Kommunist sein Italien bedeutete, Politik auf der falschen Seite zu machen

Das Alter ist, wenn denn, der geringste. Die Gäste des Abends im Berliner Kino „Babylon“ erlebten diese Woche eine alte Dame von der Frische und Heutigkeit einer Dreißigjährigen, die ihrerseits ihr Publikum befragte – Castellina spricht gut deutsch – und deren Antworten einen selten politischen Kopf verrieten. In Berlin war sie auch zu einer Lesung aus ihrem Buch "La scoperta del mondo" (Die Entdeckung der Welt)., jenem Tagebuch, das sie zwischen 14 und 18 schrieb - die Phase ihrer Politisierung, in der die Großbürgertochter, die mit Mussolinis gleichaltriger Tochter Tennis gespielt hatte, zur Linken wurde. Was es in den 40er, 50er Jahren bedeutete, auf ihrer Seite, der falschen, Politik zu machen, erzählt der Film über Castellina auch. Als junge Mutter kam sie mehrfach in Haft, etwa weil sie Flugblätter verteilte, selbst während einer Schwangerschaft. Die Genossen? Wohl auch keine neuen Männer, der eigene Ehemann eingeschlossen, aber das deutet sie auch auf Nachfrage nur an.

Und wozu das alles gut war? Da ist wieder Vito dran. Der habe sie einmal gefragt, was die Großen denn meinten, wenn sie immer über rechts und links redeten. Und Oma, die Fachfrau, erklärt: „Die Rechten wollen, dass alles bleibt wie es ist, die Linken wollen, dass die Welt sich ändert, damit zum Beispiel Kinder, denen es nicht so gut geht, ein besseres Leben haben.“ Dann sei er rechts, sagte Vito. Ihm gehe es nämlich gut und vielleicht stehe er ja am Ende auf der falschen Seite, wenn die Dinge sich änderten. „Verstehen Sie?“, ruft Castellina ihrem Publikum zu. „Das ist reiner Berlusconismus!“

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