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Meinung: Die Kasse des Hippokrates

DER STREIK DER ÄRZTE

Die Krankenkassen sollten sich keine Illusionen machen: Dass am ersten Tag des Ärztestreiks nicht so viele Mediziner wie erwartet ihre Praxen schlossen, ist kein zwingendes Indiz für ein Scheitern der ganzen Aktion. Viele Mediziner wurden von dem kurzfristigen Protest überrascht. Sie hatten für Mittwoch Patienten bestellt, die sie nicht vor der Tür stehen lassen wollten. Rechtlich wäre der Arzt in einer problematischen Situation gewesen, schließlich bricht er eine Absprache. Auch grundsätzlich hält die Mehrheit es aber offensichtlich für mit dem Eid des Hippokrates nicht vereinbar, einfach dicht zu machen. Das könnte sich ändern, wenn der Vorlauf für gezielte Schließungen lang genug ist. Der moderne Hippokrates hat nämlich nicht nur ethische Grundsätze, sondern auch ein Portemonnaie. In dem sieht es bei vielen Ärzten gerade mit kleineren Praxen ziemlich leer aus. Das oft widersinnige Punktesystem und die von den Krankenkassen geradezu erzwungene Schlechterstellung chronisch Kranker stoßen die Mediziner in ein Dilemma. Sie müssen diese Patienten behandeln, werden dafür aber nicht honoriert. Auch das ist ein Zeichen für Krankheit – für die Erkrankung unseres Gesundheitssystems. Manche leiden darunter wirklich, andere sind Hypochonder. Die Gesundheitsministerin macht nicht den Eindruck, als könne sie die tatsächlichen von den eingebildet Kranken unterscheiden. Das macht den Protest der Ärzte letztlich auch wieder verständlich. apz

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