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Meinung: Die Rede vom ehrbaren Kaufmann

Von Maurice Shahd Die Wirtschaftswelt scheint in einer der finstersten Phasen ihrer Geschichte zu stecken: Sie wird von Bilanzskandalen, spektakulären Pleiten und scheinbaren Totalversagern im Management heimgesucht. Trotzdem wollen bisher nur drei von 30 Unternehmen in Deutschlands wichtigstem Börsensegment Dax den Deutschen Corporate Governance Kodex, eine Art Grundgesetz der guten Unternehmensführung, vollständig umsetzen.

Von Maurice Shahd

Die Wirtschaftswelt scheint in einer der finstersten Phasen ihrer Geschichte zu stecken: Sie wird von Bilanzskandalen, spektakulären Pleiten und scheinbaren Totalversagern im Management heimgesucht. Trotzdem wollen bisher nur drei von 30 Unternehmen in Deutschlands wichtigstem Börsensegment Dax den Deutschen Corporate Governance Kodex, eine Art Grundgesetz der guten Unternehmensführung, vollständig umsetzen. Das klingt erschreckend. Als weigerten sich die Unternehmen, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Und die ist von wachsendem Vertrauensverlust von Mitarbeitern, Eigentümern und Geschäftspartnern geprägt.

Was läge also näher, als sich jetzt wieder aktiv zu den Grundsätzen „des ehrbaren Kaufmanns“ zu bekennen, wie Gerhard Cromme, federführender Verfasser des Kodex, es ausdrückt? Der Kodex wurde von einer Regierungskommission erarbeitet, die ausschließlich aus Spitzenmanagern und angesehenen Experten bestand. Er soll den Unternehmen Leitlinien für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung vorgeben und durch mehr Transparenz das Vertrauen der großen und kleinen Anleger in die Unternehmen stärken.

Ganz so düster, wie es scheint, ist die Lage zwar nicht. Denn erstens wird die Mehrheit der deutschen Unternehmen gut und umsichtig geführt. Und immerhin haben sich weitere fünf Dax-Unternehmen schon jetzt entschlossen, den Kodex anzuerkennen, die Rolle der Aufsichtsräte in ihren Unternehmen zu stärken und die Vorstände auf eine vernünftige Unternehmensführung zu verpflichten – ohne allerdings die Gehälter ihrer Topmanager preiszugeben.

Warum allerdings die Eigentümer der Unternehmen, die Aktionäre, nicht erfahren sollen, wieviel die von ihnen eingesetzten Manager verdienen, erschließt sich niemandem. Im Gegenteil: Je mehr Geheimnisse die deutschen Manager um ihre Gehälter machen, desto weniger glaubhaft sind sie, wenn sie versichern, dass sie sich nicht die Taschen vollgestopft haben.

Allzu viel Zeit sollten sich die Manager nicht lassen. Das Vertrauen der Kapitalmärkte liegt am Boden. In den USA jagt ein Bilanzskandal den nächsten. In Deutschland sorgen die Betrügereien am Neuen Markt und die zahlreichen Pleiten von Babcock bis Holzmann und der unrühmliche Rauswurf von Ron Sommer bei der Telekom für Unruhe. Sie haben gezeigt, wie dilettantisch in vielen Aufsichträten über die Arbeit der Spitzenmanager gewacht wird.

In dieser Situation könnte der Verhaltenskodex die Wende zum Besseren glaubhaft machen. Die vollständige und lückenlose Umsetzung des Kodex setzt ein Signal, das den Eigentümern – den Aktionären – und der Öffentlichkeit zeigt: Seht her, wir wollen nicht nur über Transparenz reden, wir handeln auch. Wir werden unseren Aufsichtrat stärken und den Anlegern alle notwendigen Informationen liefern.

Um das Vertrauen der Anleger und Investoren wieder zu gewinnen, dürfen die Unternehmen keine Kompromisse machen. Dafür müssen nicht nur die Vorstände sorgen. Das können auch die Eigentümer der Aktiengesellschaften bewirken. Institutionelle Investoren, Anteilseigner und Kleinanleger haben es selbst in der Hand, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen vernünftig geführt und kontrolliert werden: Wenn sie nur noch Aktien von Unternehmen kaufen, die die Grundsätze des Kodex befolgen, zum Beispiel. Das ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Vor allem dann nicht, wenn die anderen schnelle und höhere Gewinne in Aussicht stellen.

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