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Meinung: Die Stadt, der Streik und der Dung

Das letzte Aufgebot des Studentenprotestes läuft Gefahr, die bisherigen Sympathien zu verspielen

Der Streik der Berliner Studenten gleicht einem Zombie: Er ist eigentlich schon tot, geistert aber trotzdem noch durch die Stadt – und legt den Verkehr lahm. Am heutigen Sonnabend werden Studenten der Agrarwissenschaften und Bauern mit 150 Traktoren auf das Brandenburger Tor zurollen. Schon am Donnerstag standen Autofahrer stundenlang im Stau, weil Studenten eine Straße blockierten. Der Streik, der vor Wochen die Berliner mit vielen fantasievollen Aktionen für sich eingenommen hat, stinkt jetzt vor allem nach Benzin, Diesel und Dung.

Das kann noch bis zu den Semesterferien Mitte Februar so weitergehen. Zu den letzten Vollversammlungen kamen zu wenig Studenten, um das Ende des Protests zu beschließen. Offiziell geht der Streik also weiter, selbst wenn der Uni-Betrieb inzwischen völlig normal läuft. Weil nur noch wenige mitmachen, versuchen diese, mit Straßenblockaden Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Streik endet so, wie er vor zweieinhalb Monaten begonnen hat, als die ersten Aktivisten den Ernst-Reuter-Platz in Charlottenburg blockierten. Nur, was soll der stinkende Stau jetzt noch?

Die Studenten haben doch erreicht, was zu erreichen war: Viele Kommilitonen und Dozenten haben wochenlang mit ihren sympathischen Aktionen die Medien und die Bevölkerung für sich gewonnen. Die Botschaft ist angekommen – auch bei den Politikern. Berlins Finanzsenator wird sein Sparpaket deshalb trotzdem nicht wieder aufschnüren. Als im Frühsommer noch Zeit war, etwas zu ändern, schliefen die meisten Studenten. Jetzt ist es zu spät. Das frustriert einige unter den letzten höchstens 1000 Aktivisten. Sie machen sich Luft, indem sie Eier und Torten auf Professoren und Senatoren werfen oder sogar Latten schwingen. Ab und an sollen sich auch ein paar Kreuzberger Autonome unter die Studenten mischen. Der Streik windet sich in hässlichen Todeskrämpfen. Kann man ihn nicht gnädig sterben lassen?

Anstatt sich weiter Sonnabend für Sonnabend in kräftezehrenden Klein-Demos zu verschleißen, sollten die Studenten sich lieber eine Protestpause gönnen, Atem schöpfen und die Politik beobachten. Denn sollte Berlin kein Geld vom Bund für seine Schulden bekommen, könnte der Finanzsenator einen neuen Angriff auf die Unis versuchen. Dann müssen die Studenten wieder auf die Straße. Diesmal rechtzeitig.

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