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Meinung: Die Waffen nieder!

Von Caroline Fetscher

Unter dem Patronat der schweizerischen Unesco Kommission läuft zurzeit ein schönes Projekt. Ein Kollektiv von tausend Frauen aus aller Welt soll kommendes Jahr den Friedensnobelpreis erhalten (www.1000peacewomen.org). Denn, so sagen sie da, „Millionen von Frauen setzen sich täglich für den Frieden ein“. Sie betreuen Überlebende von Kriegen und Katastrophen, bauen zerstörte Gesellschaften wieder auf und „schaffen eine neue Friedenskultur“. Bei Verhandlungen um Friedensabkommen allerdings, so stellen die Unesco-Leute fest, dominieren „weit mehr Warlords als Peacequeens“ das Geschehen. Geben wir es zu: Da ist was dran. Seit 1901 wird der Friedensnobelpreis verliehen. 79 gingen an Männer, 20 an Organisationen, zwölf an Frauen. Trotzdem sehen Frauen im Vergleich zu anderen universellen geschlechtsspezifischen Statistiken im Bereich „Nobelpreis“ ein wenig besser aus als auf vielen anderen Feldern. So nämlich: Literatur, zehn weibliche Nobelpreise, inklusive der frischgekürten Elfriede Jelinek. Frieden: zwölf, darunter die gestern ernannte Preisträgerin Wangari Mathai. Medizin: sieben, Chemie: drei, Physik: zwei … Immerhin.

Aber im Ernst. Gelänge das Projekt 2005, so läge es völlig im Trend der Zeit. In einem begrüßenswerten Trend. Während die Nobelpreise fast das gesamte 20. Jahrhundert über an anerkannte Amtsinhaber oder kulturelle Leistungsträger verliehen wurden – darunter großartige wie Theodore Roosevelt, Michail Gorbatschow oder Willy Brandt – orientieren sich Oslo und Stockholm deutlich mehr und mehr an Oppositionellen, Vertretern der Zivilgesellschaft oder unbekannten Großen. Ein Afrikaner wie Nelson Mandela und eine nichtstaatliche Aktivistengruppe wie „Medecins sans Frontières“ haben den Friedensnobelpreis erhalten, Frauen wie Aung San Suu Kyi aus Birma oder Shirin Ebadi aus Iran. Und eine weitgehend unbekannte Dichterin wie Wislawa Szymborska (Literatur, 1996). In dem Maße, da die Machtstrukturen der Welt aufbrachen, als die Blöcke nach dem Kalten Krieg gesprengt wurden, scheint sich der Nobel-Blick alternativem Neuland zuzuwenden. So wächst die Hoffnung, dass die größte Anerkennung, die der Menschheit heute für Ethik und Forschung zur Verfügung steht, auf diese Menschheit auch besser verteilt wird. Warum nicht 2005 an tausend Frauen?

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