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Berlin steht Kopf - und Angela Merkel kann sich freuen.

© dpa

Die Woche in Berlin: Das große Glück der Kanzlerin

Eine turbulente Woche in Berlin war das. In all dem Trubel ist fast untergegangen, dass es neben den vielen Verlierern demnächst einen großen Gewinner geben kann. Genauer eine Gewinnerin. Und die heißt: Angela Merkel.

Ein großer General braucht auch Fortüne, sagte der Alte Fritz. Manche werden jetzt bestreiten, dass Merkel eine große Generalin sei. Das ist aber nicht die Frage. Sie ist es gewissermaßen von Amts wegen, als Kanzlerin hat sie bereits die Epauletten. Unbestreitbar dagegen ist ihre Fortüne.

Wer profitiert davon, dass sich SPD und Grüne in der Bundeshauptstadt zerlegt haben? Die CDU, einmal in Person des Berliners Frank Henkel, zum zweiten aber besonders in Merkel, der Bundesvorsitzenden. Die SPD kann nämlich nun nicht mehr argumentieren, generell gegen eine große Koalition zu sein, die Konstellation, die sie zuletzt kategorisch ausgeschlossen hatte. In Berlin ist sie doch geradezu auf der Autobahn in diese Koalition. Die dann gegen den erkennbaren und erklärten Willen einer Mehrheit in dieser Stadt entstehen würde.

Diese Mehrheit ist links. Knapp 70 Prozent haben per Wahlzettel erklärt, kein sozialbürgerliches Bündnis zu wollen. Dennoch kann es dazu kommen – weil es die Sozialdemokraten wollen. Wie auch immer man wertet, warum es so weit gekommen ist: Es hat Auswirkungen bis auf die Bundesebene. Denn die Grünen sind traumatisiert.

Sie werden mit sich und den Umständen noch länger zu kämpfen haben. In Baden-Württemberg wurden die Grünen wegen ihres Neins zum unterirdischen Bahnhof gewählt, der wohl trotzdem gebaut wird; die Rechnung kommt zur nächsten Wahl. In Bayern sind sie strikt gegen eine weitere Landesbahn am Flughafen München, obwohl der SPD-Spitzenkandidat für die kommende Wahl die unbedingt bauen will. Und in Berlin sind die Grünen wegen ihres Neins zur A 100 gar nicht erst in die Koalition gelangt.

Alles das hat mit Infrastruktur zu tun. Schnell kann hier der Eindruck entstehen, dass die Grünen keine Partei für die Erfordernisse der Globalisierung und Modernisierung seien. Das intoniert wer schon? Die SPD. Und je mehr sie das tut, desto schwieriger wird es für beide, zusammenzufinden.

Denn da gibt es das Psychoproblem, das sich zwischen beiden Parteien entwickelt hat. Die Grünen beharren auffällig darauf, als gleichrangig und gleichwertig wahrgenommen zu werden. „Auf Augenhöhe“ zu sein, ist für sie augenscheinlich besonders wichtig. Das war schon so im Wahlkampf von Renate Künast, der, wie die SPD meint, aus einem Selbstunsicherheitsgefühl heraus geführt wurde. Dieses Gefühl scheint sich auf die Bundesebene zu übertragen, was das Thema in der Behandlung noch schwieriger macht.

In dem Maß, in dem nun die Grünen Angriffsflächen als vermeintliche Fortschrittsskeptiker bieten und daneben bieder und immer mehr wie „Old School“wirken, werden die Piraten gestärkt. Diese zumeist Jungen definieren sich als sozialliberale Grundrechtepartei, was nicht nur für die FDP, sondern für deren Bürgerrechtsnachfolger Grüne eine Gefahr ist. Kommen die Piraten in den nächsten Bundestag, wird die Mehrheit links der Mitte immer weiter fraktioniert, ohne zusammenzufinden. So gewinnt Angela Merkel. Die Union kann dann sogar weiter Stimmen verlieren. Wenn das nicht Fortüne ist.

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