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Bundeswirtschaftsminister Rösler bei seinem Besuch im Twitter-Hauptgebäude in San Francisco.

© dpa

Digitale Wirtschaft: Silicon Berlin

Was lässt sich vom Silicon Valley auf Berlin übertragen? Danach suchte Bundeswirtschaftsminister auf seiner Kalifornienreise. Abenteuerlustig sind die Menschen in Berlin jedenfalls. Es braucht aber noch mehr eigene Ideen.

Das Bild wird Philipp Rösler verfolgen. Mit hautengem Sport-Shirt, die Kopfhörer locker vor sich baumelnd, steht der FDP-Bundesvorsitzende und Vizekanzler in San Francisco auf der Plattform eines Cable Car, um ihn herum sportlich-leger gekleidete IT-Firmengründer. Zusammen mit ihnen hat sich der Bundeswirtschaftsminister in dieser Woche auf Klassenfahrt ins Start-up-Mekka begeben, zur „German Valley Week“ nach Kalifornien. Im Gründerwunderland suchten Rösler und die Firmenchefs bei Google, Facebook, Twitter und einigen Wagniskapitalgebern nach Ideen und Investoren. Doch reicht die Google-Glass-Datenbrille aus, um den Durchblick zu bekommen? Ist das Silicon Valley mehr als ein Mythos?

Zumindest für die zweite These spricht viel. In der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt finden sich mehrere Software-Milliardäre. Darunter die Kalifornier Larry Ellison von Oracle sowie die Google-Gründer Larry Page und Sergej Brin. In der Bay-Area von San Francisco und dem dahinterliegenden Silicon Valley werden bereits in der dritten Generation Milliardäre gebacken. Von Hewlett-Packard und Xerox über Intel und Apple bis hin zu Yahoo, Google, Ebay und Facebook wurden hier technisch-kulturelle Revolutionen ausgelöst, die das Leben auf dem gesamten Globus verändert haben. Irgendwo in den Garagen und Campus-Zimmern des Silicon Valley wird immer am „Next Big Thing“ gearbeitet.

Doch was macht den viel beschworenen Spirit des Silicon Valley aus? An Geldmangel scheitert keine Idee. Die Unternehmen investieren einen gewichtigen Teil des Gewinns in Forschung und Entwicklung – und in Menschen. Talent ist wichtiger als ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Die Hautfarbe spielt ebenso wenig eine Rolle wie das Geschlecht oder die Religion. Und wenn die erste Idee nicht zündet, wird ein zweiter oder dritter Versuch unternommen.

Im Silicon Valley kommt vieles zusammen, nicht zuletzt das kalifornische Lebensgefühl. Das Wetter lässt sich nicht nach Berlin transportieren, das Lebensgefühl gerade der jungen Alt- wie Neu-Berliner ist jedoch vergleichbar. Man ist auch hier bereit, für weniger Geld in einem aufstrebenden Start-up zu arbeiten, weil der Entertainment-Faktor der Stadt stimmt.

Ein Problem der deutschen Start-up- Szene besteht darin, dass die Unternehmen ab einer bestimmten Größe aufgekauft werden. Das hat Rösler erkannt. Er will in Kalifornien nicht nur das Rezept für den Erfolg finden, sondern genauso, wie es erfolgreiche Firmen an die Spitze ihrer jeweiligen Märkte schaffen. Deutschland profitiert nur dann langfristig von den Chancen der digitalen Wirtschaft, wenn man die Marktführerschaft und nicht die Exit-Strategie vor Augen hat.

Der nächste Mark Zuckerberg hat sein Unternehmen längst in Berlin gegründet, heißt es in der deutschen Venture-Capital-Szene. Berlin ist die Start-up-Hauptstadt Deutschlands. Jährlich werden hier annähernd 2000 neue IT-Startups gegründet. So manche Idee war bereits zuvor anderswo erfolgreich – mit ein Grund, warum Röslers Visite zugleich dazu dienen sollte, Deutschland als Standort mit kreativen eigenen Ideen zu präsentieren. Damit es in Zukunft nicht mehr heißt, Alando war das deutsche Ebay, StudiVZ ist das deutsche Facebook und Wooga das deutsche Zynga. Es gibt Ausnahmen, die Maßstäbe setzen, unter anderem SAP. Ein Blick auf das Silicon Valley zeigt: Es braucht mehr davon in Deutschland.

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