zum Hauptinhalt

Doping bei der Tour de France: Der Betrug hat System

Drei Dopingfälle innerhalb weniger Tage - die kriminellen Netzwerke des Dopings werden erneut sichtbar. Der Radsport hat vorgemacht, wie man dauerhaft an Glaubwürdigkeit verliert. Warum sollte es in anderen Ausdauersportarten anders zugehen?

In der ARD rollte die Tour de France gestern weiter. Von einer „kulturhistorisch interessanten Etappe“ sprach der Kommentator, dazu wurden Bilder alter Schlösser eingeblendet – und um den Tagessieg hechelnde Radfahrer. Kulturhistorisch interessant ist allerdings etwas anderes: Die Tour de France befindet sich in Auflösung. Angesichts des dritten Dopingfalls innerhalb weniger Tage treten die Strukturen des real existierenden Profiradsports erneut für jeden sichtbar zu Tage. Der des Blutdopings überführte Riccardo Ricco musste das Trikot des besten Bergfahrers abgeben, sein Rennstall Saunier Duval ergriff daraufhin die Flucht.

Zurück bleiben Fragen: Warum wurde ein Fahrer wie Ricco nicht früher erwischt, obwohl er seit Jahren auffällige Blut- und Hormonwerte aufweist? Wie lange wollen die Tour-Organisatoren noch behaupten, es handele sich um Einzelfälle? Und wie lange wollen ARD und ZDF das eigentlich noch glauben und neben ihren überflüssigen stundenlangen Übertragungen die ausufernden Jubel-Etappenberichte in der „Tagesschau“ rechtfertigen?

Der Blick auf den Sport verändert sich mit jedem angeblichen Einzelfall. Betrug ist nicht das Problem einer Sportart, er hat System – das haben der Turiner Olympiaskandal um österreichische Biathleten und die Balco-Affäre in der US-Leichtathletik gezeigt. Viele Zuschauer und immer mehr Sportjournalisten haben sich eine gesunde Skepsis antrainiert. Sie gilt auch für die Olympischen Spiele in Peking. 70 Prozent aller illegalen Wachstumshormone werden in China hergestellt.

Der Profiradsport hat durch die Geständnisse seiner Protagonisten den Blick auf die kriminellen Netzwerke des Dopings freigegeben. Warum sollte es in anderen Ausdauersportarten anders zugehen? Der Radsport hat vorgemacht, wie man dauerhaft an Glaubwürdigkeit verliert. Nach den Skandal-Rundfahrten 2006 und 2007 wurde kein deutlicher Schnitt vollzogen. Viele Zuschauer sind nicht mehr nur skeptisch, sie haben sich abgewendet. Inzwischen weiß jeder: Ein Bergtrikot bei der Tour de France ist nicht mehr viel wert. Ein Gelbes Trikot auch nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false