zum Hauptinhalt
Doppelpass

© dpa

Doppelte Staatsbürgerschaft: Wie gewonnen so zerronnen

Der Kompromiss bei der doppelten Staatsbürgerschaft bietet für alle Seiten etwas zum Jubeln und zum Ärgern. Insofern haben Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) nicht viel falsch gemacht. Aber hilft er auch denen, um die es geht?

Wer im Streit um die doppelte Staatsbürgerschaft politisch gewonnen hat, hängt eindeutig von der Perspektive ab. Legt man den Gesetzentwurf, den Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor wenigen Wochen vorgelegt hat, zugrunde, dann darf sich die SPD durchaus als Siegerin fühlen.

Denn de Maizière hatte deutlich schärfere Kriterien für das so umstrittene Kriterium "aufgewachsen" vorgeschlagen. So sollten nur diejenigen Kinder ausländischer Eltern die deutsche und die Staatsangehörigkeit der Eltern behalten dürfen, die bis zum 21. Lebensjahr mindestens zwölf Jahre in Deutschland gelebt haben und einen Großteil der Pubertät hier verbracht haben. Auch ein Schul- oder Berufsabschluss war zwingend. Im Gesetzentwurf, auf den sich de Maizière und Justizminister Heiko Maas jetzt verständigt haben, ist nur noch von acht Jahren die Rede. Außerdem reichen sechs Jahre Schulbesuch in Deutschland oder ein deutscher Schul- beziehungsweise Ausbildungsabschluss, damit sich in Deutschland geborene Migrantenkinder nicht mehr zwischen zwei Pässen entscheiden müssen. Hier hat die SPD es also geschafft, die Kriterien aufzuweichen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) (v.l.n.r.) einigten sich auf Kompromiss bei der doppelten Staatsbürgerschaft.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) (v.l.n.r.) einigten sich auf Kompromiss bei der doppelten Staatsbürgerschaft.

© Montage Tsp / dpa (2)

Beschwerden von allen Seiten: de Maizière und Maas haben nicht viel falsch gemacht

Nimmt man aber die Perspektive vor den Koalitionsverhandlungen (und auch noch währenddessen ein), dann hat die Union sich durchsetzen können. Denn die Sozialdemokraten wollten eigentlich die völlige Abschaffung des sogenannten Optionszwanges. Wer in Deutschland geboren wurde, kann auch zwei Pässe haben: den deutschen und den der elterlichen Staatsangehörigkeit. Doch diese völlige Freizügigkeit hat die Union verhindert. Die SPD hat die Sprachregelung des Koalitionsvertrages, wonach die Optionspflicht für in Deutschland geborene und (!) aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern wegfalle, mitgetragen. Mehr noch: In der nächtlichen Finalrunde der Koalitionsverhandlungen haben die SPD-Strategen gar nicht gemerkt, was für ein Ei die Union der SPD da ins großkoalitionäre Nest gelegt hat. Vollmundig wurde zwar danach verkündet, dass man sich durchgesetzt habe, jetzt aber muss man feststellen, dass man ganz so weit nicht gekommen ist. Am liebsten hätten einige Sozialdemokraten den Koalitionsvertrag an der Stelle ignoriert.

Hilft der Gesetzentwurf zum Doppelpass auch denen, um die es geht?

In der Natur der Sache liegt es, dass bei jedem Kompromiss jede Seite auch etwas zu beklagen hat: vielen Unions-Innenpolitikern geht der Kompromiss zu weit, einigen Sozialdemokraten nicht weit genug. Die Türkische Gemeinde beklagt mehr Bürokratie. De Maizière und Maas können daran ablesen, dass sie so viel nicht falsch gemacht haben. Beide bewerten den Kompromiss zwar unterschiedlich. Maas muss es etwas mehr nach Erfolg klingen lassen als de Maizière, um seine Genossen mitzunehmen. De Maizière reicht der Erfolg, das "aufgewachsen" eben ein Kriterium bleibt. Die Frage ist nur, ob es wirklich denen nutzt, um die es geht: Menschen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und trotzdem ihre familiären Wurzeln nicht aufgeben möchten. Das hängt nun stark von der Umsetzung des Gesetzes ab.

Wenn es eine unbürokratische formlose Möglichkeit gibt, beide Pässe zu behalten, wird es denjenigen, um die es geht, egal sein, wie viele Jahre als Kriterium für "aufgewachsen" in dem Gesetz stehen. Wichtig ist, dass sie nicht das Gefühl bekommen, um den deutschen Pass betteln zu müssen, obwohl sie hier geboren wurden und aufgewachsen sind.

Zur Startseite