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Ehe, Splitting und Homos: Ungleich unmöglich

Konservativer muss die Union wieder werden, sagen einige Strategen, ihr bürgerliches Profil schärfen, zum Beispiel Ehe, Kinderkriegen und sonstige Gaben Gottes preisen, sonst laufen die Wähler davon. Aber wie bloß?

Väter sind heute fast bessere Mütter, jedenfalls tun schon viele so, Kinder sind ein eingelöster Anspruch ihrer Eltern, Migranten sind nicht eingewandert, sondern benachteiligt, und für soziale Spannungsfälle gibt’s praktische Chipkarten. Es ist schwer geworden, ungleich zu sein, Ungleichheit zu betonen und Gleichheitsansprüche abzuwehren, das gute alte Rezept des Konservativen aus besserer Zeit.

Bleiben eigentlich nur Schwule und Lesben. So denkt auch Wolfgang Schäuble und hat einen Mini-Koalitionskrach um bürgerliche Restbestände inszeniert. Nein, sagt er, das Ehegattensplitting ist nichts für homosexuelle Lebenspartner, denn Ehepartner, und dem diene das Splitting, bereiten sich auf Kinder vor. Stimmt! Der Akt des Vorbereitens ist bei Schwulen und Lesben allerdings sehr ähnlich, auch wenn am Ende keine Kinder kommen. Einen Grund für Diskriminierung gibt es also nicht.

Europas Gesellschaften sind seit Jahren auf dem Egalisierungstrip, und der Gleichheitssatz der deutschen Verfassung, der der Politik einmal einen Rahmen stecken sollte, ist ihr zum Schraubstock geworden. Das weiß auch Finanzminister Schäuble. Drei Klagen sind dazu anhängig. Dringt eine durch, kann Schäuble sagen: Ich bin’s nicht, Karlsruhe ist’s gewesen. Und selbst wenn sie scheitern, ist die Gleichstellung von Lebenspartnern im Steuer- und schließlich auch im Adoptionsrecht eine Frage der Zeit. Man muss das nicht gut finden, aber neben der normativen Kraft des Faktischen gibt es auch eine faktische Kraft des Normativen.

Die Ergebnisse des Gleichheitsdrangs müssen nicht die besten sein. So kann man fragen, ob künftig das gemeinsame Sorgerecht für Unverheiratete wirklich dem Wohl des Kindes dient oder doch eher dem des früher benachteiligten Elternteils. Gleiches gilt, möglicherweise, für das in die Regenbogenehe hineinadoptierte Kind. Doch alle Zweifel sind nicht stark genug, um den Gleichheitssatz auszuhebeln. Nur muss die Politik darum jetzt keinen Glaubensstreit machen. Die rechtliche Gleichstellung ist fast perfekt. Kommt sie heute nicht, kommt sie morgen. Im Alltag, im Berufsleben, in Kultur und Politik sind Lesben und Schwule in einer Weise integriert, die man anderen Minderheiten nur wünschen kann.

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