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Meinung: Eigentlich ist es Liebe

„Auch ein Ausrutscher ist strafbar / Das Urteil gegen einen Vater, der seine Tochter ohrfeigte, hat eine Debatte ausgelöst. Tatsächlich kommen drei von vier Eltern nicht gänzlich ohne Gewalt aus“ von Sandra Dassler vom 11.

„Auch ein Ausrutscher ist strafbar / Das Urteil gegen einen Vater, der seine Tochter ohrfeigte, hat eine Debatte ausgelöst.

Tatsächlich kommen drei von vier Eltern nicht gänzlich ohne Gewalt aus“

von Sandra Dassler vom 11. April

Erschreckend, dass zehn Jahre nach dem endlich der Paragraf 1631 „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig", im BGB installiert wurde, ein Familienberater des Kinderschutzzentrums Berlin die Sichtweise entwickelt hat: „Es kommt auf den Kontext an.“ Wenn ein Kind wisse, dass es geliebt werde und die Schelle nur bekam, weil die Mutter (und Väter?) Angst hatte, halte sich der Schaden in Grenzen. Das könne ein Kind auch mal verkraften. Dann wissen ja wohl auch zukünftig alle Kinder, die geschlagen werden, dass sie eigentlich von den Eltern geliebt werden, es kommt ja nur auf den Kontext an. Und den Kontext legt dann wer fest?

Birgit Wasczyk, Berlin-Wilmersdorf

Eines vorweg: Wir lehnen wohl alle die Prügelexzesse ab, wie sie noch in den 50er Jahren und davor gang und gäbe gewesen sein sollen. Insoweit konnte ein grundsätzliches Verbot körperlicher Züchtigung nur Beifall finden. Gesteuert von der verqueren Motivlage der 68er wurde hier aber das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Wer schon eine höchstgelegentliche Ohrfeige zum Vergehen erklärt, handelt gegen die Interessen von Kind und Eltern.

Wer ein solches Gesetz gnadenlos gegen einen Familienvater anwendet und ihn in die Nähe eines gemeinen Straftäters rückt, handelt unverantwortlich und in gefährlicher Weise weltfremd. Wenn es nicht Vortaten und Aspekte gab, über die nicht berichtet wurde, dann hat die Justiz hier den Vater mit weniger Nachsicht verfolgt, als dies beispielsweise bei jugendlichen Kriminellen, gar Intensivtätern, der Fall ist.

Abschließend stellt sich nur noch eine Frage: Wann werden diese Juristen, um das Maß voll zu machen, auch noch Ausgehverbot, Stuben- oder Hausarrest als seelische Grausamkeit gegen das Kind ahnden? Nach diesem Urteil muss man auf alles gefasst sein.

Dr. Jörg Stalf, Berlin-Kladow

Soll man Eltern wegen einer Ohrfeige anzeigen? Nach langem Überlegen meine ich: Ja, wer ein Kind schlägt, muss wissen, dass er eine Straftat begeht.

Häusliche Gewalt ist sanktioniert, selbstverständlich muss auch Gewalt gegen Kinder sanktioniert werden. Eine erwachsene Frau kann zur Polizei gehen und ihren schlagenden Ehemann anzeigen. Kinder tun das äußerst selten, weil sie emotional und physisch von ihren Eltern abhängig sind.

Kinder, die zu Hause geschlagen werden, geben die Gewalt weiter: Sie schlagen ihre Geschwister, ihre Mitschüler und später vielleicht auch ihre eigenen Kinder. Sie lernen von klein auf, dass man mitleidlos und ungestraft Schwächere schlagen darf. Wollen wir das in unserer Gesellschaft?

Als ich merkte, dass ich bei Überforderung meine Kinder schlagen möchte, war ich zutiefst über mich erschrocken. Ich wollte nicht, dass meine Kinder zusammenzucken, wenn ich meine Hand hebe. Mir hat eine Gesprächstherapie geholfen. Dort habe ich gelernt, wie ich rechtzeitig die Notbremse ziehe. Wird der Stress zu groß, verlasse ich auf der Stelle den Raum und kehre erst zurück, wenn ich mich beruhigt habe.

So gesehen fände ich es besser, wenn schlagende Eltern Hilfe angeboten bekämen, indem man sie zu Anti-Gewalt-Kursen verpflichtet.

Anke Heinken,

Berlin-Zehlendorf

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