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Generalstreik in Italien: Ein erstarrtes Land

Generalstreik ist, wenn alle streiken. Was aber ist, wenn der eine Gewerkschaftsbund einen „Generalstreik“ ausruft, der andere diesen aber als „Schwachsinn“ bezeichnet und den Streik bestreikt? Dann sind wir in Italien.

Selbst in der tiefsten Krise findet Italien zu keiner nationalen Einheit. Orientierungslos taumelt das Land zur Zeit herum; nicht einmal die Opposition ist sich einig, ob sie nun gegen die Regierung demonstrieren soll oder ob die Krise nicht den nationalen Schulterschluss erfordert.

Wobei: Im zweiten Falle müsste die Opposition an harten Spar- und Sanierungsmaßnahmen mitarbeiten und sich so beim Wahlvolk unbeliebt machen. Und deswegen finden selbst wortgewaltige Regierungsgegner es insgeheim besser, gar nichts zu tun und zu warten, bis sich Silvio Berlusconis Mannschaft endgültig verschlissen hat und ihnen die Macht von alleine in den Schoß fällt.

Der Ministerpräsident wiederum ist mit privaten Justizproblemen beschäftigt; mit dem Finanzminister verbindet ihn keine Entschlossenheit, die Krise zu meistern, sondern nur noch mühsam übertünchte Feindschaft. Und das von den Euro-Partnern erzwungene Sparpaket enthält in der Hauptsache Fragezeichen.

Italien bietet ein desaströses Bild. Das ist umso schlimmer, als sich genau an Italien die Zukunft des Euro entscheiden könnte. Erweist sich schon das kleine Griechenland als Fass ohne Boden – wie soll man im Katastrophenfall mit Europas drittgrößter Volkswirtschaft umgehen? Die Lage bleibt düster. Ohne schützende Eingriffe der Europäischen Zentralbank würden die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen in diesen Tagen wohl auf griechische Höhen streben, denn das, was Rom an angeblich vertrauensbildenden Maßnahmen bietet, reicht den internationalen Finanzmärkten nicht.

Es kann nicht reichen. Denn keine Regierung könnte in drei Wochen zurechtbiegen, was jahrzehntelang schiefgelaufen ist. An Warnungen hat es ja schon beim Eintritt Italiens in die Euro-Zone nicht gefehlt; seither regiert fast ununterbrochen Berlusconi, und dem waren die Staatsfinanzen herzlich egal. Gleichzeitig blieben landestypische Strukturprobleme der Wirtschaft unbearbeitet, die grotesk niedrige Produktivität vor allem. Italien richtete sich beinahe schicksalsergeben mit seinem Miniwachstum ein, jeder pflegte sein Gärtchen – und allzu viele bauten auf die Versprechungen Berlusconis.

Noch gäbe es einen Ausweg. Spanien hat ihn gewiesen. Dort hat der Regierungschef, José Luis Zapatero, seinen Platz geräumt und den Weg frei gemacht für neue politische Konstellationen. Auch haben die Kräfte im Parlament sich zum gemeinsamen Beschluss von Sanierungsmaßnahmen zusammengefunden. Zapatero war zwar ein Federgewicht, gemessen an der bleiernen Last, mit der Berlusconi auf seinem Land und nunmehr auf dem Euro liegt. Trotzdem: „Die Märkte“ haben Spaniens Veränderungswillen honoriert. Und wie reagiert man in Rom darauf? Angelino Alfano, Generalsekretär der Regierungspartei, kündigt an, Berlusconi wolle nach der Parlamentswahl 2013 weiterregieren.

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