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Meinung: Ein FBI passt nicht zum „Tatort“

Die Bundespolizei darf nicht zur weiteren Zentralisierung der Macht im Land führen

Von einer logischen Fortentwicklung spricht der Bundesinnenminister, und damit stellt sich Thomas de Maizière auch in die Kontinuität seiner Vorgänger. Wolfgang Schäuble also, Otto Schily, Manfred Kanther. Alle verfolgten sie ein Projekt, das nun einen Schritt weitergekommen ist: die Schaffung einer starken Polizei des Bundes. Neben, über, mit den Polizeien der Länder, wie immer man will.

Es ist eine Tendenz zu mehr Zentralisierung der Sicherheitsarchitektur, betrieben von allen Bundesregierungen seit 1990. In einem Land, das historisch mit Polizeizentralisierung keine guten Erfahrungen hat. Daher sollte die Zusammenlegung von Bundeskriminalamt und Bundespolizei schon genau beobachtet werden.

Ihre Gründe hat sie. Der weltweite Terrorismus als neue Herausforderung, die Internationalisierung des Verbrechens, Aufgaben außerhalb der Bundesrepublik, etwa in Afghanistan bei der Ausbildung der dortigen Polizei – das macht eine stärkere Bundespolizei schon notwendig. Der kritische Blick muss sich mehr nach innen richten. Denn je stärker diese Bundespolizei wird, je mehr sie wächst und an Gewicht gewinnt, umso mehr wird sie in Konkurrenz zur Polizei der Länder treten. Das muss nicht schiefgehen, bei den Staatsanwaltschaften klappt das ja auch. Und der deutsche Bundesstaat ist deutlich mehr auf Kooperation zwischen Bund und Gliedstaaten angelegt als der amerikanische. Insofern kommt es darauf an, die Zusammenarbeit der Polizei auf beiden Ebenen entsprechend geschmeidig zu organisieren. Damit es eben nicht zu einem deutschen FBI kommt, einer Bundesüberpolizei mit weitreichenden Befugnissen – aber möglicherweise nicht so gut kontrolliert, wie man das als Bürger gerne hätte.

Von der Kooperation zur Konkurrenz, von der Zusammenarbeit zur Gängelung ist es oft kein weiter Weg. Die Berliner Republik ist mittlerweile generell auf den Weg einer stärkeren Zentralisierung geraten, in der der Bund Lenkungsansprüche vertritt, die irgendwann mit dem Ideal eines Bundesstaats in der Balance kollidieren werden. Man kann das eigentlich alle Tage lesen, nicht in den schlagzeilenträchtigen Nachrichten, eher weiter hinten im Blatt oder weiter unten auf der Website.

Ein Beispiel ist die Bildungspolitik. Hier hat man, weil eigentlich viel für eine regionale, ja kommunale Problemlösung spricht, vor wenigen Jahren die Länder nochmals gestärkt. Aber die öffentliche Debatte geht in die andere Richtung, gelenkt auch von einer interessierten Lobby, die sich von einer stärkeren Zentralisierung mehr verspricht. Auch in der Sozialpolitik hat es einen massiven Zentralisierungsschub gegeben (Hartz IV), ebenso in der Umweltpolitik, in der Finanzpolitik (Schuldenbremse). Und auch die EU-Kommission macht mit im Zentralisierungsspiel. Angesichts dessen muss die Politik aufpassen, dass Länder und Kommunen nicht zu reinen Verwaltungsebenen verkommen. Das ist nicht gut in einer Demokratie. Denn sie stehen dem Bürger näher als Bund und Brüssel.

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