zum Hauptinhalt
Angela Merkel (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) haben sich während der großen Koalition lange beobachten können.

© dpa

Ein Jahr vor der Wahl: Sticheln und punkten: Merkel kennt Steinbrücks Schwächen

Während der großen Koalition hat die Kanzlerin viel über Peer Steinbrück gelernt. Angela Merkel dürfte aufgefallen sein, wo die Schwächen des SPD-Kanzlerkandidaten liegen. Eine besonders ausgeprägte Eigenschaft ihres Konkurrenten könnte sie im Wahlkampf nutzen.

Nur noch einmal zur Erinnerung: In Deutschland regiert die CDU/CSU, nicht die SPD. Die Erinnerung ist augenscheinlich deshalb nötig, weil die Spekulationen schon sehr weit gehen. Obwohl der Wahlkampf noch nicht oder höchstens gerade erst begonnen hat, und zwar einseitig, will sagen aufseiten der SPD. Da bereits von Koalitionen zu sprechen, möglichen oder gar wahrscheinlichen, ist doch eher kühn. Und darum lohnt sich ein Blick auf die andere Seite, auf die Union.

Deren erklärte Spitzenkandidatin ist die Kanzlerin, Angela Merkel. Die braucht sich somit schon einmal um eines, ihre Position im Wahlkampfteam, keine Gedanken zu machen. Einer Troika der SPD steht das Duo Merkel und Horst Seehofer gegenüber, und der wird, wenn es ernst wird, den Teufel tun, Deutschlands beliebtester Politikerin permanent vors Schienbein zu treten. Er braucht sie doch selbst: um sich in Bayern die Macht zu sichern, dem Land, das die CSU erfunden zu haben vorgibt. Ein bisschen Zank war bis gestern in Ordnung, auch noch, zwischendurch ein bisschen bajuwarisch krachledern zu sein, aber nichts, das einem Zerwürfnis nahe käme. Nicht einmal der Franz Josef Strauß hat sich das getraut.

Ja, und deswegen weiß Merkel, dass sie sich vergleichsweise ruhig auf Steinbrück, der seit Montag offiziell Spitzenkandidat der SPD ist, einstellen kann. Sie kennen einander aus den gemeinsamen Regierungsjahren, was bedeutet: Sie kennen die jeweiligen Stärken und Schwächen.

So harmonisch wird's so schnell nicht wieder: Bilder aus dem vergangenen Leben von Angela und Peer:

Die Schwächen von Merkel sind allgemein bekannt, dass sie zum Beispiel nicht die weltbeste Erklärerin oder Rednerin ist, dass sie nicht zum Pathos neigt oder zur großen Geste. (Obwohl sich das mit dem Thema Europa auch ein wenig geändert hat. Nie ist Merkel, um ihren einstigen Physikerkollegen Michael Schindhelm zu zitieren, weiter ins Offene gegangen als jetzt.) Von ihren Stärken hier mal zu schweigen, die sind weidlich beschrieben.

Aber, wo Steinbrück Merkels Schwächen kennengelernt hat, im Bundeskabinett und in der Finanzkrise 2008/2009, hat umgekehrt auch sie ihn beobachten können. Beobachten, beschreiben, bewerten – so wird sie es machen. Mehr noch, Merkel kann eine Strategie daraus machen, und die kann so ganz anders sein als von der Öffentlichkeit wie von Steinbrück erwartet. Steinbrück kann gefährlich scharfzüngig sein, aber auch hochfahrend und arrogant werden. Das passiert, wenn er sich provoziert fühlt. Was einer Merkel – selbst wenn sie impulsiver und situativer ist, als die Öffentlichkeit meint – zupass kommt. Sagen wir so: Dann können seine Schwinger ihn selber treffen. Zumal die Begabung zur Selbstkontrolle bei ihr stärker ausgeprägt ist. Dazu ist Merkel eine, die Fakten frisst. Sie wird den Stoff schon können, den Steinbrück noch lernen muss. Damit kann sie gegen ihn sticheln und punkten.

Wenn nur ihre Partei nicht wäre. So beliebt Merkel ist, die CDU profitiert nicht im selben Maß. Darum wird am Ende mit wem auch immer koalieren und regieren, dem es gelingt, seine Parteigänger am besten zu mobilisieren.

Zur Startseite