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Meinung: Ein Land geht durch die Hölle

Von Stephan-Andreas Casdorff

W ieder Tote. Jeden Tag. 10, 20, 60, 75, 100. Das Grauen ist nicht namenlos. Der Irak – ein Menetekel für die westlich geprägte Gesellschaft, nicht nur für den doch so Nahen Osten? Sogar im Parlament gibt es einen Bombenanschlag!

Wollen wir uns darum einmal die Dimension des Geschehens vor Augen führen. Die eine ist, dass diese Region in eine Unruhe zu stürzen droht, die alles Dagewesene überträfe. Der ganze Nahe und Mittlere Osten könnte von einem Beben erfasst werden, das aufzuhalten niemand mehr in der Lage wäre. Kein Europa, das sich sowieso nicht einig ist, auch nicht in der Frage, wie viel Kraft und Zeit und anderes es aufwenden soll, um der Nachbarschaft zur Stabilität zu verhelfen. Dabei ist es doch so: Es wird keinen Frieden weltweit geben, wenn hier nicht endlich eine über viele Grenzen hinweg wirkende Friedensordnung zustande kommt. Was ist, wenn die Kinder fragen: Warum habt ihr so wenig getan, ihr habt es doch gesehen?

Die andere Dimension ist die Dekonstruktion einer Weltmacht, der demokratischen Vormacht. Ihre Regierung, an der Spitze der von seiner Mission getriebene George W. Bush, hat das Tor zur Hölle geöffnet, wie Saddam voraussagte, und nicht vorher alles Menschenmögliche bedacht. Nun droht den USA, dieser in ihrer Vielfalt so wundervollen Nation, die so vielen ein Vorbild war, eine Delegitimierung auf Jahre hinaus. Durch den Irak. Durch fehlgeleitete Attacken gegen den Terror. Durch das widerrechtliche Gefangenenlager auf Guantanamo. Durch einen Justizminister, der die unabhängige Justiz politischen Interessen unterzuordnen scheint. Was mit den USA geschieht, ist noch nicht da gewesen. Wer diese Dimension nicht erkennen will, der kann nur so weitermachen wie bisher.

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