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Meinung: „Ein Museum für ganz Deutschland“

Schon einmal hat Hermann Schäfers Berufsweg eine überraschende Wendung erfahren. Das war 1986, als der soeben habilitierte Historiker die akademische Laufbahn verließ, um stattdessen Leiter des Amtes für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises Waldshut zu werden.

Schon einmal hat Hermann Schäfers Berufsweg eine überraschende Wendung erfahren. Das war 1986, als der soeben habilitierte Historiker die akademische Laufbahn verließ, um stattdessen Leiter des Amtes für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises Waldshut zu werden. Das lag nahe genug am Studienort Freiburg, aber weit genug weg von der damaligen Bundeshauptstadt Bonn, um mit dem folgenden Karriereschritt neuerliches Erstaunen, nun schon vor einer breiteren Öffentlichkeit, auszulösen: Hermann Schäfer, Jahrgang 1942, wechselte als Gründungsdirektor ans Haus der Geschichte der Bundesrepublik, das Kanzler Kohl auf den Weg gebracht hatte und das Schäfer im Juni 1994 glanzvoll eröffnen konnte.

Da war die Hauptstadt bereits auf dem Umzugsweg nach Berlin, die Geschichte der „alten“ Bundesrepublik, zu deren Selbstfeier Helmut Kohl das Museum 1982 auf den Weg gebracht hatte, im Grunde abgeschlossen. Doch von widrigen Voraussetzungen ließ sich Schäfer, der sein Jahr in Waldshut als beruflich prägend empfindet, nie schrecken. Und so darf denn der nächste Bruch in der Berufsbiografie auf genau diesen Mut zum Experiment zurückgeführt werden. Am 1. Februar übernimmt Schäfer aller Voraussicht nach das Amt des Abteilungsleiters – de facto des Amtschefs – beim Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) in Berlin.

Und das im Alter von 63 Jahren Jahren, war bereits fragend zu vernehmen? Daraus mag man schließen, dass Neumann nicht über die Legislaturperiode hinaus plant, die das äußerste Ende der Beamtentätigkeit Schäfers markieren würde. Man kann es aber auch so interpretieren, dass Neumann sich eines Fachmannes versichern will, der politisch nichts mehr werden muss, sondern tatsächlich aus bestem Wissen Rat zu geben vermag. Und der etwas vom Umgang mit den manchmal sehr eigenen Adressaten der Kultur versteht, wie er es im Bonner Haus der Geschichte – das nur wegen der Länder-Kulturhoheit nicht „Museum“ heißen darf – von Anbeginn verstanden hat. Die internationale Vernetzung des Hauses ist exzellent, in allen Museumsverbünden, bei allen Fachtagungen ist Schäfer zugegen, und etliche hat er auch schon im Auditorium des Bonner Neubaus an der guten alten „Diplomatenrennbahn“ veranstaltet.

Der Publikumserfolg des Geschichtshauses gibt ihm ohnehin Recht: Im gerade vergangenen Jahr wurde erneut die Marke von einer Million Besuchern übersprungen. Gewiss, darin verbergen sich zahllose Schulklassen; aber Geschichtspädagogik nicht auf niedrigem, wohl aber eingänglichen Niveau verstand Schäfer stets als seine Aufgabe. Die Kritik, die von manchem Historiker, etwa Hans Mommsen, am sehr auf die Handlichkeit und den Wiedererkennungswert seiner Objekte setzenden Ausstellungskonzept stets entgegenschlug, hat ihn nicht angefochten. Und nun kann er im Gegenzug den Triumph feiern, dass Politik und Fachkritik gleichermaßen die derzeitige Sonderausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“ loben. Sie hat bei seinem künftigen Vorgesetzten Neumann tiefen Eindruck hinterlassen, so dass er sie womöglich auf Dauer in Berlin eingerichtet sehen will. Beide kennen einander übrigens aus der Errichtungsphase des Bonner Hauses, über das die Politik ein wachsames, nicht zuletzt dank Schäfers verbindlichem Wesen jedoch stets wohlwollendes Auge gehalten hat.

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