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Jeroen Dijsselbloem ist der neue Chef der Eurogruppe. Als Nachfolger Junckers tritt er in große Fußspuren.

© AFP

Ein neuer Mr. Euro: Jeroen Dijsselbloem wird Eurogruppen-Chef

Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem ist als Nachfolger von Jean-Claude Juncker zum Chef der Eurogruppe gewählt worden. Europas Währung soll also nun ein politischer Frischling retten.

In keiner anderen Brüsseler Runde steht so viel auf dem Spiel: In der Eurogruppe der Finanzminister geht es um Milliarden, um handfeste Interessen und nicht selten um die nationale Souveränität.

Wenig verwunderlich ist also die Bedeutung, die dem Vorsitzenden dieser Truppe beigemessen wird. Das fast einjährige Gezerre um die Nachfolge von Jean-Claude Juncker, der an diesem Montag aller Voraussicht nach durch den niederländischen Finanzminister Jeroen Dijsselbloem ersetzt wird, spricht Bände. Der Posten verspricht Renommee, aber auch einen Haufen Arbeit. Der Eurogruppenvorsitzende muss schließlich oft unvereinbar erscheinende Interessen zu vereinen versuchen. Als besonders elegant galt daher die Personalie Juncker, der seit dem 1. Januar 2005 erster und bisher einziger Chef der Eurogruppe gewesen ist. Als Premier Luxemburgs kannte er die Befindlichkeiten und Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs aus eigener Anschauung. Das verschaffte ihm in der Ministerrunde natürliche Autorität. Aus einem Mini-Mitgliedstaat kommend, galt Juncker zudem lange als ehrlicher Makler zwischen den großen Ländern.

Juncker geht nun – sichtbar gezeichnet und vom Berliner Euro-Machtanspruch zermürbt, aber zumindest in dem Wissen, dass er an einer vorläufigen Stabilisierung des Euro mitgewirkt hat. Sein bleibendes Verdienst ist ganz sicher, dass er die eigentliche Frage bei der Euro-Rettung benannt hat: Wie weit Deutschland zum Erhalt der Gemeinschaftswährung wirklich zu gehen bereit ist. Die Frage ist weiterhin unbeantwortet. Merkels Schritt-für-Schritt-Ansatz stellte er früh die Schuldenvergemeinschaftung in Form von Euro-Bonds gegenüber. Juncker hat sich damit bei der Bundesregierung unbeliebt gemacht und damit alle Chancen verspielt, 2014 möglicherweise Nachfolger von José Manuel Barroso als EU-Kommissionschef zu werden. Die europäische Karriere des einst Mr. Europa genannten Luxemburgers endet also erst einmal glanzlos.

Die Fußstapfen, in die Jeroen Dijsselbloem nun tritt, sind demnach groß. Gerade einmal elf Wochen Regierungserfahrung könnten noch zu einem Problem werden. Die Debatten mit dem Internationalen Währungsfonds oder zum griechischen Schuldenschnitt kennt er nur vom Hörensagen. Außerdem steht erstmals ein Nichtregierungschef der Runde vor, das bedeutet, dass Dijsselbloem Rücksichten nehmen muss. Sein erster Test folgt schon Mitte März, wenn über Hilfsmilliarden für Zypern entschieden wird.

Der Wechsel birgt aber nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen. Der politische Frischling Jeroen Dijsselbloem, wiewohl ökonomisch ausgebildet, wird möglicherweise Dinge tun können, zu denen ein Premier wie Juncker nicht in der Lage war: Zum Beispiel häufiger in die Krisenländer reisen, um das Gespräch mit den Menschen und politischen Interessengruppen zu suchen. Die europäische Regierung darf schließlich nicht als europäische Regierung daherkommen. Das ist auch der Grund dafür, dass noch immer kein hauptamtlicher Eurogruppenchef installiert wird – obwohl von einem Nebenjob zusätzlich zur eigentlichen Aufgabe im Heimatland schon lange nicht mehr die Rede sein kann.

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