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Ein SPRUCH: Freie Radikale

Hani, Samir und ihre Islamistenfreunde grüßen fröhlich aus dem Internet. Das Bild sollte provozieren.

Hani, Samir und ihre Islamistenfreunde grüßen fröhlich aus dem Internet. Das Bild sollte provozieren. Das gelang. Das Berliner Kammergericht hatte die polizeibekannten Radikalen auf freien Fuß gesetzt. In den Worten des Gesetzes: Kein dringender Tatverdacht auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Man kann sich über die Häme der religiös aufgekratzten Männer empören und hoffen, es möge sie das nächste Mal erwischen. Wahrscheinlicher ist leider, dass sich die Dschihadisten des Landes noch öfter lustig machen werden. Schuld sind wir selbst – wir wollten es so.

Die Tat, um die es geht, beschreibt Paragraph 89a. Er kam im Jahr 2009 ins Strafgesetzbuch. Einmal mehr war davon die Rede, Staat und Gesellschaft gegen Terror zu wappnen, Schutzlücken zu schließen. Der Tatbestand sollte die einsamen Wölfe unter den Gotteskriegern erfassen, die hinter migrationsbürgerlicher Fassade an Bomben basteln. Im Prinzip eine gute Idee, die jedoch an der Wirklichkeit scheitert. Wer Bombenmaterial sammelt, angefangen von der Spiralfeder für den Zünder, handelt äußerlich meist legal. Er tut – noch – nichts Verbotenes. In einem freien Land wie unserem macht sich niemand strafbar, der im Handel erhältliche Säuren oder Kühlpads kauft. Die Vorschrift greift erst, wenn der Täter die Tat „vorbereitet“. Nötig ist also irgendein Plan, zumindest ein handfestes Indiz, das auf das Terrorvorhaben schließen lässt. Besuche radikaler Freitagspredigten und falsche Freunde, die mal wegen Islamistenpropaganda in Haft saßen, reichen nicht. In einem freien Land kann nur bestraft werden, wer schuldig ist; nicht, wer sich verdächtig macht.

Was viele für eine Antiterrorbazooka hielten, hat daher in der Hand von Richtern die Feuerkraft einer Erbsenpistole. Kritiker des Gesetzes hatten davor immer gewarnt, und der damaligen Bundesregierung war ihr Projekt selbst nicht geheuer. Die rechtspolitische und verfassungsrechtliche Fragwürdigkeit des Ganzen ist jedoch nur das eine; schwerer wiegt, dass die Politik damit Erwartungen weckte, die nur enttäuscht werden konnten. So vergrößert sie das Gefühl der Ohnmacht, des Ausgeliefertseins gegenüber islamistischem Gewaltwahn. Und bedient das Vorurteil, eine schlappe Justiz sei schuld, wenn die Gefahr nicht bekämpft würde, wie es sich gehöre.

Nutzlos ist Paragraph 89a dennoch nicht. Der bloße Verdacht genügt, um den Ermittlern das Arsenal heimlicher Überwachungsmethoden zu öffnen, selbst wenn es später kaum zur Verurteilung kommen kann. Das verschafft Einblicke in die islamistische Szene, schreckt ab und schüchtert ein. Doch sind Strafverfolger keine Verfassungsschützer, und jemanden einzuschüchtern zählt ebenso wenig zu ihrer Aufgabe. Genauso wenig wie es zur Aufgabe des Parlaments gehören würde, dafür Gesetze bereitzustellen.

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