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Ein SPRUCH: Koalition ist Mist

Demokratie ist nicht, wenn die Mehrheit entscheidet. Demokratie ist, wenn mehrere Meinungen gehört werden und die Mehrheit dann erst entscheidet.

Demokratie ist nicht, wenn die Mehrheit entscheidet. Demokratie ist, wenn mehrere Meinungen gehört werden und die Mehrheit dann erst entscheidet. Der kleine Unterschied markiert das Wesen der parlamentarischen Opposition. Sie hat wenig zu bestimmen, aber viel zu melden.

Das Gespann von Union und SPD wird trotz seiner Kräfte in den kommenden Jahren Linke und Grüne kaum niedertrampeln können. Insofern scheint die Skepsis von Parlamentspräsident Norbert Lammert gegenüber einer Grundgesetzänderung, um die Opposition zu stärken, berechtigt. Es hätte etwas Elefantöses, würde die Koalition wie zum Erweis ihrer Macht als Erstes Hand an das Grundgesetz legen. Die Sparsamkeit bei Verfassungsänderungen ist ein Prinzip; die Beweislast liegt bei jenen, die sie wollen.

Und sie wollen nach Karlsruhe. Deshalb soll das Quorum für eine Klage sinken, mit dem bisher ein Viertel der Bundestagsabgeordneten Gesetze vor dem Bundesverfassungsgericht angreifen kann. Es waren im Schnitt kaum zwei Verfahren pro Jahr, doch oft mit politischer Sprengkraft, etwa um Abtreibung, Finanzausgleich oder Wehrdienst.

Trotzdem, es waren Einzelfälle. Und ein Blick auf die oppositionelle Schlüsselfrage der vergangenen Jahre, die nach Europa, die dem Bundestag fast eine neue Fraktion beschert hätte, zeigt, dass die abstrakte Normenkontrolle nur eines von mehreren Verfahren ist, um politischen Widerstand geltend zu machen. Einzelne Abgeordnete konnten hier mit einem Organstreit etwas bewegen (etwa zwei aus der SPD, die damit Eilbeschlüsse zur Euro-Rettung wieder stärker an das Parlamentsplenum banden) oder auch der CSU-Politiker Peter Gauweiler, der mit Verfassungsbeschwerden kämpft, die theoretisch jeder Bürger erheben kann.

„Karlsruhe“ ist fraglos eine starke Waffe im oppositionellen Arsenal. Aber im Alltag ist es vor allem die Kooperation mit den Medien, die dem politischen Kontra Gehör verschafft und die Linke und Grüne ohnehin gut beherrschen; kombiniert mit guten parlamentarischen Anfragen, wie jüngst die zu deutschen Giftgasgüter-Lieferungen nach Syrien, kann sie eine Regierung jederzeit in Bedrängnis bringen. Mehr jedenfalls, als es wohl mit längeren Redezeiten im hohen Haus verbunden wäre.

Bleibt der Untersuchungsausschuss. Ein klassisches Instrument. Hier könnte der Bundestag die Dinge zum Wohle der Kleinen regeln, ohne das Grundgesetz anzufassen. Nicht zu vergessen ist auch, dass jeder Abgeordnete – wie jeder Bürger – über das Informationsfreiheitsgesetz sogar Regierungsarbeit ausforschen darf. Helfen werden der Opposition auch die Gesetze der Aufmerksamkeitsökonomie: Koalition ist Mist, weil Zustimmung öde ist. Kritik dagegen ist spannend. Wir werden genug von ihr hören.

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