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Meinung: Ein Tag für Afrika

Von Christoph von Marschall Weiß noch jemand, was die letzten G-8-Gipfel gebracht haben? Randale zwischen militanten Globalisierungsgegnern und einer mitunter brutalen Polizei – in Genua sogar einen Toten.

Von Christoph von Marschall

Weiß noch jemand, was die letzten G-8-Gipfel gebracht haben? Randale zwischen militanten Globalisierungsgegnern und einer mitunter brutalen Polizei – in Genua sogar einen Toten. Und inhaltlich? Nichts Genaues weiß man nicht. Irgendwas war da jedesmal, ein Sofortprogramm gegen Argentiniens Peso-Krise oder ein Aids-Hilfe-Fonds für Afrika. Doch gemessen an der jeweiligen Notlage sind das nur kleine Beiträge zu einer Lösung, bestenfalls.

G-8-Gipfel führen fast zwangsläufig zu Enttäuschungen. Denn sie stimulieren einerseits die Sehnsucht nach einer Instanz, die gegen die Ungerechtigkeiten dieser Erde ankämpft, nach einer Art Weltregierung, die sich kümmert um die Nöte und Probleme. Andererseits steigern diese Treffen auch die Bedenken, da maßten sich acht Staaten an, den anderen vorzuschreiben, wo es langgeht in Welthandel und Globalisierung.

Das Treffen im kanadischen Bergort Kananaskis heute und morgen könnte eine kleine Wende einleiten. Die Chancen stehen gut, dass nicht Prügelszenen die Inhalte verdrängen. Der Schauplatz ist weit von den größeren Zentren entfernt, was eine Massenanreise Militanter erschwert. Zudem hat der Gipfel einen Schwerpunkt: ein ganzer Tag für Afrika. Das Problem ist nicht neu, aber seine Ursachen werden ähnlich kontrovers diskutiert wie die Frage, ob Weltwirtschaftsgipfel bei allen Mängeln immer noch die besten Weltreparaturbetriebe sind, die wir haben, oder Unterdrückungsinstrumente der reichen gegen die armen Staaten. Übersetzt: Ist Afrika ein diskriminierter Kontinent, dem der Norden Entwicklungschancen und Schuldenerlass vorenthält? Oder ein verlorener Kontinent aus eigener Schuld, weil die Eliten autoritär und korrupt sind, die Regierungen Waffenkäufen Vorrang vor Entwicklung geben und sich keine demokratischen Alternativen von unten bilden?

Die Realität ist längst differenzierter: Hoffnungslosen Diktaturen wie in Mugabes Simbabwe oder in Togo stehen Beispiele für Demokratisierung in Ghana oder Mali gegenüber. Freilich haben diese sich noch nicht als Modell für ganz Afrika durchgesetzt.

Auch unterstützt der Westen schon lange nicht mehr blind autoritäre Regime, wenn das nur der Stabilität dient. Hilfe ist an Bedingungen geknüpft, Selbstverantwortung hat Vorrang. Auch heute und morgen in Kananaskis. Diskussionsgrundlage beim G-8-Gipfel ist ein Aktionsplan, den afrikanische Staatschefs selbst entworfen haben für den Weg zu Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung: „New Partnership for Africa’s Development“ (Nepad). Globalisierungsgegner und Nicht-Regierungs-Organisationen haben noch einiges daran auszusetzen.

Das Beste an Nepad: Es ist eine Selbstverpflichtung afrikanischer Regierungen, an der sie sich messen lassen müssen, wenn es um Entwicklungshilfe und Schuldenerlass geht. Ein Kompass für westliche Hilfe zu afrikanischer Selbsthilfe (oder deren Verweigerung).

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