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Rainer Brüderle als heimlicher Gewinner des FDP-Machtkampfs?

© dapd

Machtkampf in der FDP: Ein Treffer - ins eigene Tor

Einen Schuss, sagt der designierte FDP-Chef Philipp Rösler, habe die FDP beim Neuanfang nur frei. Den feuert er jetzt ab. Damit er Wirtschaftsminister werden kann, soll Brüderle Fraktionschef werden. Ein fulminanter Knaller - nur in die falsche Richtung.

Es sind die entscheidenden Stunden für Philipp Rösler. Klar ist der Parteitag am Wochenende wichtig für ihn, für die FDP - und sieht man auf einige Anträge wie den gegen den Euro-Rettungsschirm - auch für die gesamte schwarz-gelbe Koalition. Rösler muss zudem einen neuen Sound setzen, seine Themen bestimmen. Ein Signal nach außen absetzen. Und doch sind es diese Stunden jetzt, die darüber entscheiden, welche Rolle er tatsächlich in der FDP spielt, welchen Einfluss er hat - und vor allem, wie er von seinen "Parteifreunden" wahrgenommen wird. Denn natürlich kann man eine inhaltliche Erneuerung der FDP - zu recht - fordern. Raus aus dem engen Korsett der Steuersenkung. Man kann Personaldebatten als schädlich und als "Geschacher" abtun. Aber sie sind, da führt kein Weg dran vorbei, elementarer Bestandteil des Politischen. Macht und Politik werden nun einmal von Menschenhand ausgeübt - und die müssen wohl ausgewählt sein. Deshalb kommt es für Philipp Rösler ganz entscheidend darauf an, erstens ein Team zusammenzustellen, dass nicht gegen ihn, sondern mindestens mit ihm am besten für ihn arbeitet. Und zweitens muss er seiner Partei zeigen, wer der neue Chef ist. Dieses Signal drohte bereits auszubleiben. Denn weder vermochte er es kurz nach seiner Nominierung den großen Personalrundumschlag durchzusetzen. Noch über Ostern. Insofern ist sein Handeln jetzt schon eine erste Rettungstat in eigener Sache.

Und Rettungsaktionen sind immer gefährlich. Auch diese. Kann er sich wider Erwarten mit seiner Personalrochade in der Fraktion nicht durchsetzen, kann er sich den Weg nach Rostock zum FDP-Parteitag direkt sparen. Und noch immer scheint nicht alles geklärt. Vor allem die Frage, mit welchem Angebot Birgit Homburger aus dem Chefsessel der Fraktion gelockt werden soll. Als Staatsministerin zu Guido Westerwelle ins Auswärtige Amt? Es könnte zu wenig sein. Außerdem dürften die Damen und Herren Diplomaten wenig begeistert darüber sein, dass ihr ehrwürdiges Haus zum Auffangbecken für FDP-Verlierer verkommt.

Trotzdem wirklich ernsthaft droht ein Scheitern wohl nicht - auch weil die 93 FDP-Fraktionsmitglieder genau wissen, was auf dem Spiel steht: Nicht nur die Zukunft ihres Zukünftigen, sondern auch die ohnehin auf ein Minimum geschrumpfte Glaubwürdigkeit der gesamten Partei. Einen Schuss habe die FDP frei, sagte Rösler kurz nach seiner Nominierung, und der wäre dann gründlich daneben gegangen. Doch selbst wenn der Schuss sitzen sollte, bleibt die Situation für Rösler gefährlich. Denn auf den ersten Blick hat die Lösung Brüderle als Fraktionschef zu installieren seinen Charme. Es macht den Weg für Rösler selbst frei ins deutlich prestigeträchtigere Wirtschaftsministerium, von wo aus ein FDP-Chef besser agieren kann als im Gesundheitsministerium. Es löst den Konflikt um Brüderles Zukunft als Parteivize. Diesen Posten kann er getrost aufgeben, weil er als Fraktionschef qua Amt im FDP-Präsidium säße. Und mit dem talentierten Daniel Bahr rückt ein weiterer der jungen Liberalen auf.

Doch was bleibt abseits dieser Politarithmetik? Ein Problem. Denn die Fraktion wird mit Brüderle zwar einen erfahrenen Haudegen bekommen. Einen, der die Fraktion geschickt gegenüber der Union positionieren kann. Der als Manager agieren kann. Nur: Genau das hat man über Birgit Homburger auch gesagt. Es kostet sie am Ende möglicherweise das Amt. Ein brillanterer Redner ist Brüderle auch nicht. Es hört sich nur etwas melodischer an. Mehr noch. Brüderle ist kein wirklicher Freund der jungen Garde. Er weiß nur, dass es ohne sie im Moment nicht geht und muss sich mit ihnen verbrüdern, um dabei bleiben zu können. Was er von ihren Ideen hält, hat er schon zum Ausdruck gebracht: Säusel-Liberalismus sei das. Und gegen den wird er sich wehren - aus einer deutlich hervorgehobeneren Stellung als zuvor im Wirtschaftsministerium. Brüderle wird als Fraktionschef an Stärke einerseits und vor allem an Unabhängigkeit gewinnen. Er wird autarker. Rösler hat somit am Ende möglicherweise seinen Schuss zwar versenkt - aber ins eigene Tor. Denn Brüderle kann mit der Fraktion geschickt ein zweites Machtzentrum aufbauen - Eine Bastion gegen den Säuselliberalismus.

Setzt sich Rösler mit seinen Vorstellungen also durch, kann er das zwar als Teilerfolg verbuchen. Er kann kurz durchpusten. Aufatmen sollte er noch nicht.

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