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Meinung: „Ein wenig von jedem“

Wenn du verlierst, dann ein bisschen an alle; wenn du gewinnst, ein wenig von jedem“. Mit dieser Summenformel ist Alischer Usmanow bisher nicht schlecht gefahren.

Wenn du verlierst, dann ein bisschen an alle; wenn du gewinnst, ein wenig von jedem“. Mit dieser Summenformel ist Alischer Usmanow bisher nicht schlecht gefahren. Sein Privatvermögen schätzen Experten auf zwei bis drei Milliarden Dollar. Damit schaffte er es im US-amerikanischen Wirtschaftsjournal „Forbes“ immerhin auf einen vorderen Platz in der Goldenen Horde, dem globalen Almanach der Reichen. 1953 in der Ex-Sowjetrepublik Usbekistan geboren, wird er unter der Rubrik „Russland“ gelistet. Eben dort kam der einstige Absolvent der Moskauer Diplomatenakademie und spätere Zögling der Finanzhochschule der russischen Regierung zu Geld und Einfluss. Bisher vor allem als Stahlmagnat bekannt, ist Usmanow seit Mitte der Woche stolzer und vor allem alleiniger Besitzer der „Kommersant“.

Die Zeitung gab es schon vor der Revolution, damals wurde sie in Kaufmannskreisen gelesen. 1917 stellte sie ihr Erscheinen ein. „Aus Gründen, die nicht von der Redaktion abhingen“, wie seit der Wiedereinführung nach dem Ende des Kommunismus unter dem Titel auf Seite eins steht. Inzwischen ist „Kommersant“ die letzte von Präsident Putin noch nicht geschliffene Bastion für unabhängigen und kritischen Journalismus. War, fürchten Redakteure wie Leser.

Die Ängste sind durchaus begründet. Usmanows Loyalität gegenüber Putin gilt über jeden Zweifel erhaben. Nibelungentreue, die der Kreml 2000 mit dem Posten eines Generaldirektors der Gasprom-Investholding und Mitte 2001 mit der Berufung in den Gasprom-Vorstand belohnte. Der Konzern, für den mittelbar auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder tätig ist, kontrolliert nicht nur Russlands Gasexporte, sondern ist inzwischen auch eine Art QuasiMonopolist in der Medienbranche. Für Negativschlagzeilen sorgte 2001 vor allem die feindliche Übernahme des Privatsenders NTW, der durch kritische Distanz zu Putin aufgefallen war. Als Vorwand mussten wirtschaftliche Gründe herhalten. Ähnlich wie bei „Kommersant“, die wie alle Qualitätszeitungen rote Zahlen schreibt und von den im gleichen Verlag erscheinenden Hochglanzjournalen über Wasser gehalten wird.

Spätestens bis Sommer 2007, wenn in Russland die heiße Phase des Präsidentschaftswahlkampfs beginnt, dürfte „Kommersant“ voll auf Linie getrimmt sein – oder erneut dichtmachen. Aus Gründen, die nicht von der Redaktion abhängen.

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