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Ein Zwischenruf zu …: … Pflegekindern

Barbara John über die, für die zu wenig nach Eltern gesucht wird

Jana wurde am 24. Dezember vor zwei Jahren in Berlin geboren – ungefähr 2000 Jahre nach der Geburt des bekanntesten Kindes der Weltgeschichte, dem Jesuskind.      Neben der religiösen Tragweite gehen noch heute Milliarden Menschen die primitiven Umstände seiner Geburt zu Herzen: Stall statt Kreißsaal, Futterkrippe statt Kinderbett, Ochs und Esel statt keimfreier Kuscheltiere. Als Jana zur Welt kam, war alles perfekter – selbstverständlich stand in unseren Breitengraden der hohe medizinische Standard zur Verfügung. Wie sollte es heutzutage auch anders sein.

Und doch fehlte Jana schon in den ersten Stunden ihres Lebens etwas Entscheidendes, das dem Krippenkind gegeben war: Eltern, die es großziehen wollten und konnten. Janas Mutter und Vater sind dazu nicht in der Lage, als Aidskranke. Und zur Adoption freigeben wollen sie das gesunde Mädchen auch nicht. Was tun? Menschenkinder wie Jana brauchen mehr als Hygiene und Ernährung; sie brauchen Eltern, die immer für sie da sind. Solche Pflegeeltern stehen allerdings bei den zuständigen Ämtern nicht Schlange. Etwa 500 Pflegekinder gibt es jährlich in Berlin. Wenn 250 dieser Kinder Eltern finden, dann war es ein gutes Jahr.

Woran das liegt? Nicht an Hartherzigkeit, sondern an einem ziemlich banalen Versäumnis: Es fehlt an Öffentlichkeitsarbeit für Pflegekinder. Potenzielle Pflegeeltern sind zwar schwerer zu finden als Adoptiveltern, aber es gibt mehr als vermutet. Nur gilt auch hier: „Suchet und ihr werdet finden.“ Also heißt es, die Fühler in alle Richtungen ausstrecken. Die hoch engagierten Selbsthilfevereine wären dazu bereit, jedoch fehlt das Geld für eine Kampagne. Ihre Ansprechpartner beim Staat sind die Jugendämter. Für sie aber scheint die Vermittlung von Pflegekindern kein vorrangiges Thema zu sein.

Eine Tragödie, denn die Kinder, die in Heimen aufwachsen oder in betreuten Großgruppen statt bei Pflegeeltern, zahlen oft einen hohen Preis: Sie erleben sich als versorgt, aber nicht als gewollt. Doch es gibt Menschen, die sie wollen, die sie annehmen, so wie Jana schließlich angenommen wurde. Sie hat dieses Weihnachtsfest in ihrer neuen Pflegefamilie verbracht und auch gleich eine ältere Schwester bekommen. Die glückliche Verbindung kam bei ihr durch einen reinen Zufallskontakt zustande.

Gebraucht wird dringend eine breit angelegte Informationsarbeit, damit die fast vergessenen Kinder Berlins auch eine Familie finden, wie Jana.

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