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Ein Zwischenruf zu …: … Subventionen

Ursula Weidenfeld fragt sich, ob Berlin als Touristenmagnet nicht viel zu billig ist.

Am Freitagmorgen am Münchner Flughafen: Das Flugzeug nach Berlin ist deutlich verspätet und total überfüllt. Es schneit wie verrückt (in Berlin schneit es auch wie verrückt). Die Lufthansa-Angestellte am Schalter macht den übrig gebliebenen Leuten wenig Hoffnung: „Am besten, Sie nehmen den Zug.“ Ein älteres Ehepaar streitet. Sie: „Wer ist eigentlich auf die Schnapsidee gekommen, nach Berlin zu fahren?“ Er: „Du wolltest in den Friedrichstadtpalast.“ Sie: „Nein. Du wolltest unbedingt.“ Eine weitere Dame mitleidig zu ihr: „Ich verstehe das auch nicht. Meiner wollte auch dahin. Im Winter! Verrückt.“

Platz drei der beliebtesten Touristenstädte Europas, mehr als 20 Millionen Übernachtungen im Jahr 2009. Das ist Berlin, im Sommer wie im Winter. Hinter London und Paris – vor Rom! Und natürlich deutlich vor München. 250 000 Menschen in der Stadt können angeblich inzwischen von den Touristen leben. Warum? Weil in Berlin alles so billig ist: Übernachten, Kultur, Essen.

Warum aber ist Berlin billig? Weil die Stadt ihre Touristen bezuschusst wie kaum eine andere Metropole Europas. Eine Opernkarte für durchschnittlich weniger als 44 Euro wird mit 185 Euro pro Stück subventioniert. Das Sprechtheater in der Volksbühne kostet am Ticketschalter unter zehn Euro, aber die Stadt legt 184 Euro pro Karte dazu. Die Tageskarte im Nahverkehr gibt es für gut sechs Euro, in Paris kostet die Metro am Tag zwischen 9 und 18,90 Euro. Klar, von den üppigen Zuschüssen profitieren auch die Berliner. Doch die Mehrheit der Besucher in den Museen, Theatern und Opern kommen nicht aus Berlin. Es sind Touristen. Außerdem kann man getrost annehmen, dass auch die Berliner Kulturinteressierten in der Lage wären, mehr für ihre Theaterkarte zu bezahlen – wie erst recht die Touristen auch.

Darum muss es jetzt gehen. Berlin kann es sich leisten, für seine Besucher teurer zu werden. Im Gegenzug könnte es seine Verschuldung zurückfahren, die Abhängigkeit von den Zuschüssen anderer Bundesländer reduzieren und seine Bürger entlasten. Eine Stadt, die (für Reisende) attraktiver ist als Rom und Madrid, hat allen Grund zu Selbstbewusstsein. Wenn man niemanden mehr überreden muss, nach Berlin zu kommen, kann man den Leuten auch zumuten, die echten Preise zu bezahlen – oder doch wenigstens einen wachsenden Teil davon. Denn so werden Subventionen doch gerechtfertigt: dass man sie streichen kann, wenn das Ziel der Förderung erreicht ist.

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