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Ein Zwischenruf zum ...: Bildungspaket

Da gibt es schon mal Bildung umsonst – und keiner will sie haben. Vor der Situation stehen die Bildungspaket-Erfinder und fragen: Warum?

Da gibt es schon mal Bildung umsonst – und keiner will sie haben. Vor der Situation stehen die Bildungspaket-Erfinder und fragen: Warum? Nun ist man endlich so weit, benachteiligten Kindern Teilhabe, Mitmach-Gutscheine und Turnstunden geben zu können, aber deren Eltern nehmen das nicht einmal zur Kenntnis. Die Erklärung ist nicht so schwer: Bildung und Teilhabe akzeptieren nur diejenigen, die sie haben wollen. Wem das egal ist, für den ist das Gratis-Paket wirklich umsonst gepackt. Bildung ist kein Gut, das man vor die Tür gestellt bekommt und willkommen heißt wie einen lange vermissten Verwandten. Bildung und Teilhabe brauchen zwei Beteiligte: diejenigen, die sie ermöglichen. Und die, die sich darum bemühen.

Zwei Dinge werden jetzt geschehen, und beide werden den benachteiligten Kindern kaum nutzen. Dafür aber den Ermöglichern. Es wird aufsuchende Familienhilfe geben. Da sind Leute beschäftigt, die nicht darauf warten, dass die Hilfebedürftigen zu ihnen ins Amt kommen. Sie machen sich selbst auf den Weg und besuchen die Benachteiligten. Das ist im Prinzip eine gute Idee. Viele der Bildungsbenachteiligten machen Briefe vom Amt nicht auf, weil sie sie nicht verstehen, und weil die Schreiben oft Ärger bringen. Die Bildungspaket-Aufsucher werden gut ausgebildete Sozialarbeiter sein. Man wird viele von ihnen brauchen. Das macht das Paket sehr teuer. Ob es dann aber hilft?

Die Stadt Stuttgart hat umfangreiche Erfahrungen mit Paketen für Benachteiligte gesammelt. Wer die „FamilienCard Stuttgart“ bekommt, darf in Museen, Theater, in die Volkshochschule, in Traditions- und Turnvereine. Die Museen bleiben links liegen, die Volkshochschule und Vereine bleiben es auch. Was gerne genommen wird, sind Zoo- und Schwimmbadbesuche mit Spaßrutsche. Und bevor man nun fassungslos die Ignoranz der Benachteiligten beklagt: Ist das falsch, wenn Familien gern zusammen ins Schwimmbad und in den Zoo gehen? Ist das keine Teilhabe, wenn man schöne Erinnerungen an gemeinsame Ausflüge hat, für die es sonst kein Geld gibt?

Nicht in jedem Benachteiligten steckt ein sehnsuchtsvoller Bildungsbürger. Von der Illusion müssen sich die Bundesbildungspaket-Schnürer verabschieden. Dann gibt es am Ende vielleicht ein paar Sozialarbeiter weniger. Dafür aber mehr Spaß. Und die Sache mit der Bildung für Bildungsbenachteiligte? Die hängt wohl mehr davon ab, ob Menschen Bildung wollen, als von ihrem materiellen Status.

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