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Ein Zwischenruf zum …: … Ökoplan

Ursula Weidenfeld über eine Wirtschaftspolitik, die den Klimawandel als gefährliche Ausrede nutzt.

Sie sind auf der Suche nach guten Nachrichten? Hier ist eine. Deutschland wird in diesem und in den kommenden Jahren seine Klimaschutzziele voraussichtlich spielend erreichen. Sechs Prozent Schrumpfung. Für das Klima könnte es nichts Schöneres geben. Wegen der Wirtschaftskrise sind weniger Industrie- und Energieanlagen in Betrieb, weniger Flugzeuge fliegen in der Luft herum, weniger Autos fahren auf den Straßen. Das Land wird in atemberaubendem Tempo grün.

Und, besser noch: Das passt ganz ausgezeichnet in die neue ökologische Marktwirtschaft. Wir nehmen keinen Abschied von der echten Marktwirtschaft, überhaupt nicht. Aber sie muss viel sozialer werden, damit das Land nicht zusammenbricht, sagt Bischof Wolfgang Huber. Vor zwei Jahren noch hat die evangelische Kirche eine bemerkenswerte Denkschrift zum Unternehmertum zustande gebracht. Jetzt macht sie damit Schluss und verzieht sich wieder in die Wärmestube. Da denkt sich die Kanzlerin: Warum nicht weiter so? Schon wird die Wirtschaftskrise zum Dauerzustand erklärt, das CO2-Schonen ohnehin zur Staatsdoktrin, der gesellschaftliche Zusammenhalt wird beschworen. Leidet hier jemand darunter, dass der Staat seinen Aufgaben nicht mehr nachkommt? Klagt jemand, dass er bei der Erziehung und der Bildung zurücksteckt, die Straßen nicht mehr flickt? Nun, das ist wegen des Klimaschutzes und des Zusammenhalts, ganz bewusst so entschieden. Man muss schon zu ein paar Abstrichen bereit sein, wenn dafür am Ende die Erderwärmung auf erträglichem Niveau stabilisiert werden soll.

Eine hübschere und gefährlichere Ausrede für eine schläfrige und unehrgeizige Wirtschaftspolitik hat es nie gegeben. Mit dem Klimaargument in der Hinterhand braucht man nämlich gar nichts zu tun, um nach der akuten Krisenbekämpfung die Wachstumskräfte im Land zu stärken, die Innovationsbereitschaft zu wahren und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Alles erklärt sich von selbst. Man ergibt sich friedlich und ermattet dem Schicksal einer niedergehenden Ökonomie, knapst ein bisschen hier, spart ein bisschen da – und bleibt ansonsten in allem bescheiden. Die Schmerzen und die Anstrengung einer nachhaltigen und offensiven Wirtschafts- und Finanzpolitik erspart man sich. Eine Volkswirtschaft im Ökoplan. Das reicht der Generation 45 plus offensichtlich völlig aus. Die Kirchen und die Grünen schreiben die Partitur – und die Partei der sozialen Marktwirtschaft spielt brav vom Blatt.

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