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Einfach unprofessionell: Ein Zwischenruf zu den Roma

Wie managt die deutsche Hauptstadt europäische Freizügigkeit? Schlecht. Die Folgen werden nicht lange auf sich warten lassen

Hundert Roma, die als Arbeitssuchende vor einigen Wochen nach Berlin gereist sind, haben der Stadt zu einem Trainingskurs verholfen in der Frage: Wie managt die deutsche Hauptstadt die europäische Freizügigkeit? Der Kurs war nicht ganz billig. Neben der Rückkehrhilfe für die Roma wurden ihre Unterbringungskosten 14 Tage lang bezahlt, hinzu kommen diverse Verwaltungsleistungen. Zusammengerechnet war das wohl nicht unter 100 000 Euro zu haben. Schwamm drüber – wenn das Training erfolgreich war, wäre der Preis nicht zu hoch. Ja, wenn! Hier drängen sich allerdings Zweifel auf. Der Gang der Dinge war einfach zu unprofessionell: Es gab zu viele fragwürdige und widersprüchliche Ansagen von Senatsseite, die Besetzergruppe im Künstlerhaus Bethanien agierte zeitweise machtvoller als die Verwaltung, das Geld saß zu locker und es wurde mit zweierlei Maß gemessen, denn in Berlin leben seit langem ungezählte EU-Bürger mit einem vergleichbaren Status wie die Roma, also aus den Mitgliedsländern, für die noch keine volle Arbeitnehmerfreizügigkeit existiert. Sonnenklar ist auch, dass sich nun die „Leichtigkeit des Seins“ in Berlin herumgesprochen hat. Auch wer keine Ansprüche auf staatliche Hilfen hat, erreicht sein Ziel durch moralischen Druck.

Ob sich das ändert? Nötig wäre es, denn es dauert nicht mehr lange bis zur vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für die 27 europäischen Mitgliedstaaten. Schon in etwa 18 Monaten, nämlich ab 2011, dürfen aus den neuen EU-Ländern alle kommen, die hier als Arbeitnehmer oder Unternehmer tätig sein wollen. Verglichen mit dem, was die Stadt dann erwartet, ist die nun stadtbekannte Roma-Truppe nur eine winzige Vorhut. Will Berlin dann keine hilflose Figur machen, braucht es ein besseres Management, als Sozialhilfe auf Zuruf zu zahlen und zwischen Drohungen und Lockungen hin- und herzuspringen.

Das gilt auch für Roma, die weiterhin in die Stadt kommen werden. Behandelt sie also als das, was sie sind: freie EU-Bürger, nicht lebensuntüchtige Opfer, die hier für das entschädigt werden müssen, was ihnen das Heimatland noch vorenthält. So werden sie letztlich wieder in eine Sonderrolle gedrängt und nicht gleich behandelt.

Mehr Europa in Berlin heißt nun mal mehr überraschendes Durcheinander. Üben, damit umzugehen, können wir schon heute: zum Beispiel, wenn wir verträglich, aber nicht trottelig reagieren, sollte ein Putzer die saubere Frontscheibe unserer Karossen ein wenig malträtieren.

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