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Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch mit Oppositionsführer Vitali Klitschko und dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

© AFP

Einigung in der Ukraine: Mit beschränkter Hoffnung

In der Ukraine haben drei Außenminister der EU nach viel zu langem Zögern einen späten Erfolg erzielt. Aus Moskau kommen derweil beunruhigende Töne.

Endlich, möchte man rufen. Drei Außenminister der EU reisen nach Kiew, und nach einem Tag und einer langen Verhandlungsnacht unterzeichnen der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch und die Opposition einen Kompromiss, der ein Ende der Gewalt ermöglichen soll.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und seine Amtskollegen aus Warschau und Paris haben in Kiew in einer chaotischen Lage abwechselnd Gespräche mit Janukowitsch und der Opposition geführt. Dass sich Polen, Deutschland und Frankreich gemeinsam um eine Lösung des Konflikts bemühten, ist ein wichtiges Signal. Und am Ende geschieht ein kleines Wunder: Selbst der Rat des Maidan, die Vertretung der heterogenen Protestbewegung, erklärt seine Unterstützung für den Kompromiss, obwohl dieser Janukowitsch noch monatelang im Amt lassen könnte. Parallel zu den Bemühungen der drei Minister in Kiew beschloss die EU im Grundsatz, dass Sanktionen gegen diejenigen Funktionäre verhängt werden können, die für die Gewalt gegen Demonstranten verantwortlich sind. Das übte offenbar zusätzlich Druck auf die Führung um Janukowitsch aus, sich einer Verhandlungslösung nicht zu entziehen.

Spät, wenn nicht zu spät, muss man leider hinzufügen. Denn diese Woche markierte einen Wendepunkt nicht nur für die Proteste, sondern in der Geschichte der Ukraine: Das Regime um Janukowitsch setzte Scharfschützen ein, die Demonstranten gezielt töteten und damit zugleich Angst und Schrecken verbreiten sollten. Aber selbst als Dutzende Leichen in den Straßen von Kiew lagen, gaben die Bürger vom Maidan nicht auf. Bisher sind die Namen von 75 Todesopfern bekannt, allein aus dieser Woche. Unter ihnen sind Lehrer, Journalisten, Architekten.

Der Verhandlungserfolg der drei Außenminister hinterlässt nun, nach dem viel zu langen Zögern der EU, einen bitteren Nachgeschmack. Mussten wirklich erst so viele Menschen sterben, bis die EU eingreift und Janukowitsch an den Verhandlungstisch zwingt? Bereits vor einem Monat wurden auf dem Maidan die ersten Demonstranten durch Schüsse getötet. Das wäre der richtige Moment zum Handeln gewesen.

Am Freitag wagten noch nicht viele zu hoffen, dass das Abkommen den Weg zu einer dauerhaften Lösung des Konflikts weisen könnte. Die Radikalen erkannten den Kompromiss nicht an. Aber nicht nur für diese kleine Minderheit, sondern für große Teile der Protestbewegung war der Rücktritt des Präsidenten zur zentralen Forderung geworden. Werden sie sich mit Neuwahlen bis zum Jahresende zufrieden geben? Sollten die Demonstranten in den kommenden Tagen den Eindruck haben, dass Janukowitsch einmal mehr auf Zeit spielt und nur seine Macht erhalten will, werden sie sich sowohl von der Europäischen Union als auch von der Opposition, die nie für den gesamten Maidan sprach, verraten fühlen.

Russland reagierte prompt auf die Nachrichten aus Kiew und zog der finanziell angeschlagenen Ukraine erneut den Boden unter den Füßen weg. Die Hilfszahlungen würden gestoppt, hieß es in Moskau. Auch andere Äußerungen von dort lassen aufhorchen, etwa die, dass man bereit sei, um die (russischsprachige) Krim zu kämpfen – eine unverhohlene Drohung mit einem Szenario wie in Georgien 2008. Für einen nachhaltigen Frieden in Kiew müssten die EU-Außenminister jetzt nach Moskau weiterreisen.

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