zum Hauptinhalt

Einmal reicht: Auf Guttenberg dürfen wir nicht wieder reinfallen

Es gibt Geständnisse, die vermögen die Luft zu reinigen. Und es gibt Geständnisse, die verpesten sie noch mehr. Zur zweiten Gruppe gehören die Äußerungen, mit denen Karl-Theodor von und zu Guttenberg zurückgemeldet hat.

Nein, er will nicht absichtlich getäuscht haben, als er auf 371 von 393 Seiten seiner Dissertation 1218 Plagiatsstellen untergebracht hatte – schon gar nicht will er darüber ein Betrüger genannt werden. Denn wenn ein Guttenberg täuschen und betrügen wollte, so würde er dies intelligenter anfangen. Aber merkt er denn nicht, dass er sich mit seinen übertrieben auftrumpfenden Geständnisfetzen noch viel törichter ins Unheil redet?

Die Abfassung der Dissertation sei die „denkbar größte Dummheit“ seines Lebens gewesen, den „Blödsinn“ habe er, Ehrenwort!, „wirklich selber verfasst“. Doch wenn einer diesen aus Dummheit verfassten Blödsinn, wenn einer eine – so Guttenberg wörtlich in Selbsterkenntnis – „beschissene Arbeit“ als Dissertation bei Doktorvater und Universität präsentiert und dafür ungerührt stolz ein „summa cum laude“, also die höchste akademische Bewertung, einstreicht: Was begeht der anderes als einen Betrug? Und welch’ absichtliches Täuschungsmanöver, damals der Öffentlichkeit von oben herab vorzumachen, die Vorwürfe an seine Doktorarbeit seien „abstrus“? In diesem hinter dröhnenden Bezichtigungsfloskeln vorangetriebenen Rechtfertigungsversuch (viel zu gescheit, um dumm zu täuschen) stimmt kein Argument zum anderen – schon gar nicht aber der Rekurs auf die eigene Ehre: Was an dieser ganzen Affäre solle, bitte, auch nur im Ansatz ehrenhaft gewesen sein?

Nun gehören zu einer solchen Prämierung von Blödsinn mit der Höchstnote natürlich mehrere – der Doktorvater zuerst, der entweder nicht mehr willens oder nicht mehr imstande war, die Blenderei zu durchschauen, die Fakultät sodann, die offenbar Bestnoten purzeln lässt ohne Ansehung der Person, beziehungsweise genauer: unter Ansehung der Person, nicht aber der Arbeit.

Geblendet hat freilich Guttenberg auch andere – und andere haben sich blenden lassen: die Medien, die Öffentlichkeit, die politischen Kollegen. Wie anders hätte man es Guttenberg durchgehen lassen, dass er einen so anständigen Generalinspekteur wie Wolfgang Schneiderhan ehrlos über die Klinge springen ließ – unter Ausnutzung der Tatsache, dass möglicherweise widersprechende Zeugen einer wichtigen dienstlichen Unterhaltung schweigen mussten?

Blenden lassen – und das ärgert mich besonders – habe ich mich zu lange auch selber. Dabei hätte man, hätte ich selber bei klarem Verstand doch wissen müssen, dass der Wunsch, da möge endlich jemand auf die Agora treten, der einen gewissen Gestus, einen Schein von Glanz in die zumeist kleinteilig-nüchterne, manchmal spießige und im besten Falle oft glanzlos-solide Politik bringt, am besten eine Politik ohne Politiker – dass diese latente Sehnsucht nach einem Zauberkünstler, der es nicht nötig hat, dicke Bretter zu bohren, die erste Voraussetzung dafür ist, auf einen Hochstapler hereinzufallen. Erst an der seriösen Arbeit des Nachfolgers Thomas de Maizière sieht man, wie oberflächlich Guttenberg im Verteidigungsministerium herumregiert hat.

Eine zweite Chance soll (fast) jeder haben. Aber nicht ein zweites Mal mit demselben hoffärtigen Erhabenheitsdünkel über die anderen Politiker und die Parteien, mit dem Guttenberg schon wieder auftritt. Und schon gar nicht ein zweites Mal aufgrund der Bereitschaft aller anderen, mich eingeschlossen, einem zunächst so angenehm blendenden Blender auf den Leim zu gehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false