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Meinung: Einmal schütteln

Nein, die Geschichte der Sozialdemokratie muss jetzt nicht gleich neu geschrieben werden. Aber wir haben neben den Gründervätern wie Bebel und Lassalle wohl doch zu wenig auf Max Frisch geachtet, der mit seinem als fiktiv verkannten Drama „Biedermann und die Brandstifter“ eine wichtige theoretische Grundlage der modernen Politik gelegt hat.

Nein, die Geschichte der Sozialdemokratie muss jetzt nicht gleich neu geschrieben werden. Aber wir haben neben den Gründervätern wie Bebel und Lassalle wohl doch zu wenig auf Max Frisch geachtet, der mit seinem als fiktiv verkannten Drama „Biedermann und die Brandstifter“ eine wichtige theoretische Grundlage der modernen Politik gelegt hat. Es gibt, so lernen wir daraus, immer jemanden an höherer Stelle, der dem biederen Mitglied die Hütte anzünden will, und er ist schwer zu erkennen, weil er nie im stiftertypischen neoliberalen BossAnzug auftritt, sondern als Genosse mit hehren Motiven wie Solidarität und soziale Gerechtigkeit einherschreitet. Es könnte also einer wie Sigmar Gabriel sein, dem der Kanzler nach den Abstimmungskatastrophen auf dem Parteitag nachgesagt hat, er sei Brandstifter und Feuerlöscher gleichzeitig – was nicht ganz in Frischs Theorie passt. Gabriel wirkt mit seiner Antwort sattelfester, es gelte, dass die Brandstifter ihre Brandfässer meist auf dem Dachboden des eigenen Hauses deponieren. Das wirkt allerdings wie ein versehentliches Schuldeingeständnis, denn es brennt ja in Hannover. Doch dort hat die SPD noch einen Herrn Jüttner, der auch alles zugibt und sagt, er selbst wolle nicht weiter zündeln. Sein Motto: „Einmal schütteln und sich auf die wichtigen Sachen konzentrieren. Das allerdings sagen alle Brandstifter.“

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