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Mario Draghi, der Chef des Euro - und ein finanzpolitischer Putschist?

© dpa

Ein Zwischenruf zu Mario Draghi: Auf Abwegen

Mario Draghi und die EZB haben kein Mandat für das, was sie tun. Es beschwert sich nur niemand nachhaltig. Deshalb machen sie weiter. Skrupellos.

Am kommenden Mittwoch will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, treffen. Sicher will sie von ihm wissen, wie kritisch die Lage in Frankreich und in den Südländern der Eurozone ist – und ob Negativzinsen wirklich besser sind als Wirtschaftsreformen. Die gewählte Bundeskanzlerin könnte den ernannten Notenbankpräsidenten aber auch mal fragen, was er eigentlich so über die Demokratie denkt. Sie könnte ihm erzählen, wie es ist, wenn man sich um Mehrheiten bewerben muss. Denn Mario Draghi und die EZB haben kein Mandat für das, was sie tun. Es beschwert sich nur niemand nachhaltig. Deshalb machen sie weiter.

Die Notenbank hat sich in der vergangenen Woche eine neue Vollmacht erteilt: Sie entscheidet künftig, welche Kredite in der Eurozone sinnvoll sind und welche nicht. Damit nimmt sie direkten Einfluss auf die Entwicklung einzelner Branchen, Unternehmen, Arbeitsplätze. Sie wacht nicht mehr nur über die Menge und den Preis des Geldes. Sie schaut nicht nur über die Bankbilanzen und verlangt, marode Institute abzuwickeln. Jetzt sagt sie auch noch, dass Kredite für den Immobilienbereich etwa in Spanien zu meiden, während solche für kleine und mittlere Unternehmen in Griechenland zu begrüßen sind. Die Banken sollen sich gefälligst daran halten.

Man kann argumentieren, dass die Zentralbank ihre Machtfülle nur deshalb hat, weil andere ihre Verantwortung nicht übernehmen, und man kann sich fragen, ob das funktioniert. Doch über eines kann man nicht mehr streiten: Finanzpolitisch hat sich so etwas wie ein Staatsstreich ereignet. Die Europäische Notenbank hat Frankreich und den Ländern des Südens die Botschaft zugestellt, dass sie es ihnen nicht zutraut, ihre Finanzen zu sanieren und ihre Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Den Ländern des Nordens hat sie kühl mitgeteilt, an wen die Rechnung für dieses Staatsversagen geht, nämlich an die Sparer und Bürger dieser Länder. Während sich in Europa die Regierungschefs noch streiten, wer der rechtmäßige Anwärter auf den Thron des EU-Kommissionschefs ist, schickt Draghi die Antwort: L’état, c’est moi.

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