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Energiestreit: Gutes Klima hat einen Preis

Von Ursula Weidenfeld

Es gibt wohl kaum einen Industriezweig, der es einem schwerer macht, ihn sympathisch zu finden: Die Stromwirtschaft ist Meister darin, andere vor den Kopf zu stoßen. Kaum ist die Preisaufsicht für Strom gefallen, erhöhen die Energieversorger in diesen Tagen flächendeckend die Preise. Kaum hat man freiwillige Energieziele versprochen, vergisst man sie schon wieder. Kaum sind die Brände in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel gelöscht, fordern die Konzernchefs forsch die Verlängerung der Laufzeiten. Kein Wunder, dass kurz vor dem Energiegipfel an diesem Dienstag im Kanzleramt die Bereitschaft auf den Nullpunkt gesunken ist, der Energiewirtschaft zuzuhören. Stattdessen soll jetzt ein Gesetz vereinbart werden, das die Klima- und Energieziele der Bundesregierung nicht nur festschreibt, sondern auch kontrolliert. Das ist richtig.

Nur: Es ist nicht alles blühender Unsinn, nur weil die Energiekonzerne es zu bedenken geben. Und nicht alles ist per se hellsichtig, weil Bundesumweltminister Sigmar Gabriel es sagt. Unbestritten ist auf allen Seiten nur, dass für ein Land wie Deutschland Energiesparen und Energieeffizienz die wichtigsten Themen sind. Ob es der Industrie allerdings gelingen kann, die Effizienz zu vertretbaren Kosten um drei Prozent zu steigern, wie die Bundesregierung das gern hätte, ist völlig unklar. Im Zweifel werden Unternehmen mit ihren Investitionen tatsächlich lieber an einen anderen Standort gehen, der diese Auflagen nicht kennt. Das ist keine leere Drohung. Es zeigt, dass man im Klimaschutz gut beraten ist, im Einklang mit internationalen Vorstellungen zu handeln.

Auch der Hinweis der Industrie auf die vereinbarten Restlaufzeiten für bestehende Atomkraftwerke gehört in diese Kategorie. Ohne Zweifel: Wenn sich die Klimaziele ohne Atomkraftwerke erreichen lassen, prima! Aber was, wenn nicht? Sind wir dann bereit, weniger Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand hinzunehmen, weil wir keine Atomkraftwerke auf deutschem Boden ertragen können und dennoch das Klima schützen wollen? Die Antwort darauf sollen nicht nur diejenigen geben dürfen, die zum Energiegipfel ins Kanzleramt gehen. Die Antwort sollte auch der Wähler geben dürfen.

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