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Entwicklungshilfe: Die Sparflamme

Entwicklungsminister Dirk Niebel will seine eigenen Mittel begrenzen. Deutschland wollte 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Entwicklungshilfe aufbringen. Niebels öffentliches Nachdenken über eine Abkehr davon ist international recht schädlich.

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat den langsamen Abschied vom 0,7-Prozent-Ziel angedeutet. In einem Interview sagte er, es sei „sehr sportlich“, bis 2015 zu erreichen, dass Deutschland 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Entwicklungshilfe aufbringen wird. Man müsse mit den Partnern darüber diskutieren, ob „Volumen oder Wirksamkeit“ der Hilfsgelder die entscheidende Größe sei.

Dem Tagesspiegel hat Niebel noch im November gesagt: „Das 0,7-Prozent-Ziel steht im Koalitionsvertrag, die Bundeskanzlerin hat sich in ihrer Regierungserklärung persönlich dafür verbürgt. Darauf verlasse ich mich.“ Nun ist das 0,7-Prozent-Ziel so etwas wie die moralische Messlatte dafür, wie ernst es Industrieländer mit ihrem Versprechen meinen, Entwicklungsländern auf die Sprünge zu helfen. Die Tatsache, dass Angela Merkel selbst dieses Ziel mehrfach mit ihrer Glaubwürdigkeit auf internationaler Ebene verbunden hat, macht es nahezu unmöglich, es fallen zu lassen.

Deshalb ist Niebels öffentliches Nachdenken über eine Abkehr davon international recht schädlich. Es ist ein weiterer Beweis für die in Entwicklungsländern zu Recht verbreitete These, dass Finanzzusagen des Nordens wenig wert sind. Für ein Land, das einen Sitz im UN-Sicherheitsrat anstrebt – derzeit „nur“ einen rotierenden –, ist es ein Risiko, mit einer solchen Aussage leichtfertig eine Mehrheit in der UN-Vollversammlung zu riskieren. Dabei gibt es durchaus gute Gründe, für mehr Ehrlichkeit in der Entwicklungspolitik einzutreten. Denn es kommt tatsächlich darauf an, wie das Geld ausgegeben wird. Genau da zeigt Niebels Amtsführung bisher aber keinen erkennbaren Fortschritt.

Nach dem Erdgeben in Haiti hat Niebel eine Million Euro an die bundeseigene Durchführungsorganisation GTZ überwiesen, um Nahrungsmittelhilfe zu leisten. Die GTZ hat ihre Qualitäten aber eher in der langfristig angelegten Zusammenarbeit. Sie könnte Haiti beim Wiederaufbau gute Dienste leisten. Nahrungsmittelhilfe kann das Welternährungsprogramm (WFP) eindeutig besser.

Dort wäre das Geld zweifellos besser angelegt gewesen, zumal die GTZ die Verteilung am Ende doch über das WFP organisieren musste. Die GTZ hat mit dem Geld in der Dominikanischen Republik Nahrungsmittel eingekauft und zu Päckchen packen lassen. Da war alles mögliche Nützliche drin: zum Beispiel Mehl, Öl, Bohnen. Was nicht drin war, waren Brennmaterial und ein Kochofen. Was sollen Leute mit einem Lebensmittelpaket, dessen Inhalt gekocht werden muss, wenn sie nicht kochen können? Das WFP hat zur gleichen Zeit Nahrungsmittel verteilt, die gleich konsumiert werden können.

Ganz wertlos war die Verteilaktion wohl nicht. Der Inhalt der Pakete dürfte auf dem Schwarzmarkt etwas Geld gebracht haben. Aber sinnvolle Hilfe sieht anders aus. Haiti ist nahezu entwaldet, weil die Armen auf Holzkohle als Energiequelle zum Kochen angewiesen sind. Und die GTZ selbst hat in Haiti bereits Erfahrungen mit Aufforstungsprojekten gesammelt.

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