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Meinung: Er kann auch anders

Ohne George W. Bushs Hilfe wäre Saad Ibrahim noch in Haft Von Irshad Manji

Am vergangenen Mittwoch wiederholte George W. Bush in der Rede an die Nation sein Ziel, „die Tyrannei in der Welt zu beenden“. Was für ein Heuchler, dachten sich die meisten außerhalb der USA, dass gerade er die Freiheit predigt. Verherrliche bloß nicht die Freiheit, sagten die Kritiker, wenn Du sie nur durch Waffengewalt durchzusetzen vermagst.

Nicht so schnell: Anzunehmen, dass Bush nur bomben kann, ist leicht. Aber leicht heißt nicht immer korrekt: In der gleichen Woche, in der die Amerikaner den Irak angriffen, ließ Ägypten den DemokratieAktivisten Saad Ibrahim aus dem Gefängnis frei – als Ergebnis der stillen Diplomatie des amerikanischen Präsidenten.

Zwei Jahre lang war Ibrahim zwischen Gefängsniszelle und Gericht, zwischen Gericht und Gefängsniszelle hin- und hergekarrt worden, jedesmal angeklagt wegen lächerlicher Vorwürfe, jedesmal zu langen Strafen verurteilt. Wohl wissend, dass Ägypten der zweitgrößte Empfänger von US-Entwicklungshilfe ist, bemühte sich Bush um eine Freilassung Ibrahims. Er stoppte eine weitere Erhöhung der Hilfe um 130 Millionen Dollar und fügte dieser Ankündigung eine Protestnote an die ägyptische Regierung wegen der jüngsten Inhaftierung Ibrahims bei.

In Kairo kritisierten die Bürokraten und Intellektuellen Bushs Intervention scharf. Doch hundert liberale Araber aus der ganzen Welt folgten Bushs Beispiel und schickten ihre eigene Protestbriefe an die ägyptische Regierung. Einige Monate später kündete Ägypten eine neue Verhandlung gegen Ibrahim an. In diesem Verfahren wurde er endgültig freigesprochen. Der lautstärkste Befürworter der Demokratie hatte damit seine einflussreiche Stimme zurückerhalten – ohne Waffen und Munition.

Präsident Bush versteht offensichtlich den Nutzen eines Einsatzes nichtmilitärischer Macht. Er hat sie bereits eingesetzt. Wie oft er es in der Zukunft tun wird, ist eine noch offene Frage. Klar ist: Bush auf einen unverbesserlichen Kriegstreiber zu reduzieren, ist so vereinfachend wie die Haltung, die Bushs Kritiker ihm vorwerfen.

Die Autorin ist Kanadierin und Muslimin. Zuletzt ist von ihr erschienen: „Plädoyer für einen aufgeklärten Islam“ (Eichborn).

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