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Erdogan in Deutschland: Altes Denken

Erdogan kommt, der Türke vor Berlin, und noch bevor der Premier aus Ankara auch nur die Gelegenheit zu reden hat, funktionieren in der Union schon die alten Reflexe.

Den einstweiligen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen fordert Unionsfraktionschef Kauder – als ließe man die nicht längst dem Sanktnimmerleinstag entgegendümpeln –, ein Wort zum Deutschlernen will die Integrationsministerin von Erdogan hören – als hätte er das nicht schon beim letzten Besuch gesprochen. Etwas mehr Reflexion als Reflex wäre schön. Schon deshalb, weil der Gast im Begriff ist, die Gastgeber zu beschämen: Erdogan hat eine Reform des türkischen Staatsangehörigkeitsrechts angedeutet, die es Deutschtürken erleichtern würde, ihre türkische Staatsbürgerschaft aufzugeben. Dies wäre nicht nur Abschied von einem weiteren Stück kemalistischen Staatsverständnisses und von jener Paranoia, die seit Atatürk die Republik bedroht sieht, wenn Ausländer ein Eckchen türkisches Land besitzen. Es wäre auch Entwicklungshilfe für Deutschland. Dass bei uns Wohnbevölkerung und Staatsvolk auseinanderdriften, sehen selbst Konservative inzwischen als Gefahr für die Demokratie. Statt mit Dank reagiert Berlin mit altem Denken. Schade.

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