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Die drei Herren von der AfD: Hans-Olaf Henkel, Bernd Lucke und Alexander Gauland

© rtr

Erfolg der "Alternative für Deutschland": Störfaktor im System

Die jüngsten Wahlen zeigen: Die AfD begrenzt nicht so sehr die Machtoptionen der Union – sondern die einer anderen Partei. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Wer hat Angst vor der AfD? Die Frage stellt sich nach den drei Landtagswahlen im Osten von selbst, die Antwort scheint ebenfalls festzustehen: die CDU, wer sonst? Die neuen Aufsteiger räubern zwar auch bei anderen Parteien, im Wählerreservoir der Christdemokraten aber am meisten, ihr Führungspersonal hat oft eine Vergangenheit in den C-Parteien, und außerdem erinnert diese „Alternative für Deutschland“ stark an eine ganz alte CDU – also noch vor Rita Süssmuth, Heiner Geißler und anderen Anbetern der Moderne.

Nun ist das schon mit Blick auf die Struktur der AfD nur die halbe Wahrheit. Die Partei versammelt um sich die echten oder vermeintlichen Verlierer einer Welt, die in jeder Hinsicht grenzenlos geworden ist. Diese Menschen, in deren Weltbild „Europa“ für Glühlampenverbote steht, der Euro für „Ich kann mir nichts mehr leisten“ und Frauen mit Kopftüchern für den Untergang des Abendlandes, finden sich überall. Fremdenhass und Jargon-Sozialismus gingen schon in der DDR nahtlos zusammen. Die Sehnsucht nach Überschaubarkeit ist so parteiübergreifend wie das bösartige Stacheldrahtbürgertum.

Inhaltlich ist die AfD also – mit Ausnahme der resistenten Grünen – eine Konkurrenz für alle. Aber auch koalitionsarithmetisch verdient die allgemeine Überzeugung ein paar Fragezeichen, die Neuen bedrohten vor allem die Machtchancen der Union. Diese Überzeugung beruht auf einer richtigen Erkenntnis und einer falschen Analogie. Richtig ist, dass die AfD die Bündnisoptionen der Union im traditionell-bürgerlichen Lager blockiert, zumal wenn sie die FDP endgültig verdrängt. Falsch ist, dass sie damit für die CDU automatisch zum gleichen Hindernis in rechts würde, wie es die Linkspartei bis heute für die SPD ist. Richtig ist hingegen wiederum, dass die „Alternative“ noch ganz andere Bündnisse blockiert.

Es bleibt dann oft nur die große Koalition

Der Unterschied zur Linkspartei liegt darin, dass eine koalitionsunfähige Linke der Mehrheitsbildung links der Mitte im Wege steht, eine koalitionsunfähige AfD dagegen als Störfaktor auf beiden Seiten des traditionellen Spektrums wirkt.

Zum Beispiel für Rot-Grün. Die Farbkombination ist durch den Einzug der Linken in die Parlamente schon unwahrscheinlich geworden – wenn da demnächst auch noch eine AfD sitzt, wird es mit Rot-Grün auf absehbare Zeit nichts mehr. Das Gleiche gilt freilich für die schwarz-grüne Variante. Doch wie das Beispiel Thüringen zeigt, kann die AfD selbst Rot-Rot-Grün zur mathematisch-politischen Wackelpartie machen.

Es bleibt dann oft nur eins – die große Koalition. Für die SPD, zumal im Bund, ist das eine ziemlich schreckliche Vorstellung. Für die CDU, zumal im Bund, birgt sie eher Missmut als Schrecken. Das mag einen Teil der Gelassenheit erklären, mit der die CDU-Chefin Angela Merkel auf die neue Konkurrenz reagiert. Der andere Teil erklärt sich dadurch, dass ihr nichts anderes übrig bleibt. Merkel hat die CDU konsequent in die Moderne geführt; für sie führt kein Weg zurück.

Nur eine C-Partei hat in dieser Hinsicht weniger Schwierigkeiten. Das ist die CSU. Sie ist zufällig zugleich die einzige, die wirklich Angst vor der AfD haben muss: Absolute Mehrheiten vertragen keine weitere Partei im Parlament.

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