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Erneuerbare Energien: Wenn’s der Sache dient

Könnte Deutschland den heimischen Energiebedarf im Jahr 2020 tatsächlich fast zur Hälfte mit erneuerbaren Energien decken? Immerhin gibt es einen Unterschied zwischen Visionären und Bankern, die einem Hedgefonds andrehen.

W er Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Der Satz des Altkanzlers Helmut Schmidt drängt sich erneut auf: Die Ökostrombranche stellte eine Studie vor, wonach Deutschland den heimischen Energiebedarf im Jahr 2020 fast zur Hälfte mit erneuerbaren Energien decken kann. Derzeit stammen gerade mal 15 Prozent aus Wind, Biomasse, Wasser und Sonne. Wie soll das gehen? In nur elf Jahren? Wieder sind Lobbyisten am Werk, die uns schöne Zahlen und bunte Grafiken präsentieren, um Steuerzahlern und ihren gewählten Vertretern noch mehr Geld abzuknöpfen, damit ihre schrille junge Branche wächst und gedeiht – wie einst die New Economy. T-Aktionäre erinnern sich.

Der Reflex ist natürlich, Vorsicht ist auch bei dieser Studie geboten. Und doch gibt es einen Unterschied zwischen den Visionären der Ökobranche und Finanzberatern, die uns noch vor Monaten Anteile an Hedgefonds und Lehman-Papiere andrehen wollten. Bei der Energie heiligt das Ziel (die Aussicht, in einem atomstromfreien Land zu leben und bessere Luft zu atmen) die Mittel (maßlose Übertreibung, teils unrealistische Grundannahmen). Denn es geht beim Thema Energie nicht nur um das Wohl einer staatlich hoch subventionierten Branche und um Arbeitsplätze, sondern um etwas Größeres: Lebensqualität und Sicherheit für alle, auch unsere Kinder und Enkel – so pathetisch das klingen mag.

Vor diesem Hintergund ist nicht entscheidend, dass diese Studie nicht von unabhängigen Forschern, sondern von Experten der Ökobranche erstellt wurde. Ihre Zahlen kann man ja in Zweifel ziehen. Aber die befangenen Autoren nennen schon aus eigenem Interesse die Bedingungen, die erfüllt werden müssen, damit das Ziel im Ansatz erreicht werden kann: kein Ausstieg aus dem Atomausstieg, weitere Förderung der Branche über eine Umlage aller Stromverbraucher. Ferner müssen die großen Stromkonzerne ihre Netze abgeben – worüber sie eh schon nachdenken. Das alles kann sich die Gesellschaft und die Wirtschaft leisten. Trotz aller methodischer Schwächen: Die Studie deutet an, was möglich sein könnte, wenn man nur will.

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