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Das Kindle E-Book

© dpa

Eröffnung der Frankfurter Buchmesse 2014: Die Zukunft des Lesens

Die Digitalisierung der Buchbranche schreitet langsamer voran. Entscheidend bleibt: Die Zeit zum Bücherlesen wird nicht mehr. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Gerrit Bartels

Wenn an diesem Mittwoch die Hallen für die 66. Frankfurter Buchmesse geöffnet werden, ist eines sicher: Zeit zum Lesen gibt es da nicht. Und alle Lesungen, von denen in diesem Jahr so viele wie nie stattfinden, sind nur eine Simulation des ursprünglichen Zwecks von Büchern.

Auf der Messe werden Autoren und Bücher gefeiert, Preise vergeben und die Gewinner von Stand zu Stand, von Medium zu Medium gereicht. Aber primär ist sie, wie alle Messen, eine Branchenschau, bei der es um Geschäfte und Geschäftsmodelle geht. Ums Kaufen und Verkaufen von Büchern – in einem Gewerbe, das durch die Digitalisierung in einem nicht umkehrbaren Wandel begriffen ist.

Natürlich geht es in Frankfurt auch wieder um die Zukunft des Lesens, verändert die Digitalisierung doch nicht nur Kauf-, sondern auch Lesegewohnheiten. Sag mir, wie du liest, analog oder elektronisch, und ich sag dir, wer du bist: jung oder alt, pragmatisch oder melancholisch, Techno-Nerd oder Bücherliebhaber, Zeitmanager oder Zeittotschläger.

Das E-Book, das vor nicht einmal fünf Jahren nur ein Phantom war, eine Techno-Spielerei, wenn auch eine schon damals viel diskutierte, ist im Verlagshaushalt eine feste Größe und wird auf Kindles, Tolinos, iPads oder anderen elektronischen Lesegeräten gelesen. Inzwischen liegt der E-Book-Anteil bei zehn Prozent vom Gesamtumsatz des Buchmarktes, Tendenz steigend, mit allen Begehrlichkeiten, die das weckt. Der stationäre Buchhandel, die feine Kiez-Buchhandlung hat es da doppelt schwer. Sie kämpft mit den Umsatzrückgängen des klassischen Sortiments – und kann das natürlich nicht mit einem vermehrten E-Book-Verkauf ausgleichen.

Amazon hat seine Bücher-Flatrate vorgestellt

Trotzdem hat laut einer Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels der stationäre Buchhandel nach Jahren rückläufiger Umsätze 2013 wieder einen Zuwachs von fast einem Prozent erzielt. Ein Gespräch über Bücher lässt sich von Angesicht zu Angesicht doch immer noch besser führen als im Internet – und gegen die Fachkompetenz der Buchhändler und ihrer Mitarbeiter kommen Online-Rezensionen und auch „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“-Empfehlungen nicht an.

Amazon, der vermeintliche Totengräber der traditionellen Buchbranche, ist glücklicherweise doch noch nicht das letzte Wort auf dem Markt – trotz der 20 Prozent Anteile des Internethändlers am Gesamtbuchmarkt, trotz der ständigen Versuche, die E-Book-Preise an der Buchpreisverbindung vorbei zu drücken, trotz der verlegerischen Aktivitäten, die das US-Unternehmen auch in Deutschland entwickelt. Niemand wird gezwungen, bei Amazon zu bestellen. Und es gibt insbesondere auch online zunehmend Alternativen.

Gerade hat Amazon seine Bücher-Flatrate vorgestellt, „Kindle Unlimited“. Aber auch hier gilt: Es gibt andere Bücher-Flatrate-Anbieter, zum Beispiel Readfy oder Skoobe. Entscheidend bleibt: Die Zeit zum Bücherlesen wird nicht mehr. Lesen ist ein Zuhause. Und die ungelesenen Bücher in einem elektronischen Verzeichnis machen sich bei Weitem nicht so gut wie im heimischen Wohnzimmer.

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