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Meinung: „Es reizt mich …

… in Debatten einzugreifen.“ Viel Bewegungsfreiheit hat er nicht, der Berliner Kultursenator.

… in Debatten einzugreifen.“

Viel Bewegungsfreiheit hat er nicht, der Berliner Kultursenator. Seit das Geld knapp ist, kann er Akzente fast nur noch bei der Auswahl der künstlerischen Leiter setzen. Ausgerechnet mit seiner jüngsten Personalentscheidung aber hat sich Berlins Kultursenator Thomas Flierl nun erstmals eine Blöße gegeben: Weil er den Vertrag von Intendant Volker Hesse am Maxim-Gorki-Theater auslaufen lassen will, hagelt es Kritik. Flierl, so der Vorwurf, wolle Amigos ins Amt hieven, Künstler, die sich vor allem durch ihre Ostbiographie qualifizierten.

Dass dem PDS-Mann erst jetzt, im dritten Jahr seiner Amtszeit, ein Silberblick gen Osten angekreidet wird, spricht eigentlich für den promovierten Philosophen. Als der Sohn des DDR-Architekten Bruno Flierl 2001 den Job des Kultursenators übernahm, hieß es: Jetzt werde wohl ein postsozialistischer Ruck durch die hauptstädtische Kulturszene gehen. Doch nichts davon passierte. Im Gegenteil: Ausgerechnet Flierl wurde zum Retter der bürgerlichsten aller Kunstformen: mit der Opernstiftung vollendete er, was seinen konservativen Vorgängern Peter Radunski und Christoph Stölzl nicht geglückt war. Weit entfernt davon, eine Ideallösung zu sein, ließ der Zusammenschluss der drei Opernhäuser zur Musiktheater-Holding die Kulturabwickler beim Koalitionspartner SPD zumindest fürs Erste verstummen.

Als Baustadtrat und Kulturamtsleiter in Berlin-Mitte war Flierl in den neunziger Jahren vor allem als erbitterter Kämpfer gegen großformatige Werbeplakate und ahistorische Vordächer Unter den Linden aufgefallen. Nach seinem Wechsel in die Kulturverwaltung hielt er sich dagegen mit markanten Meinungsäußerungen lange zurück. Er nahm sich die Zeit, die Szene kennen zu lernen, vor allem jene Hochkulturinstitutionen, die ihm zuvor mangels privatem Interesse fremd gewesen waren. Gewiefter Dialektiker, der er ist, blieb er in den parlamentarischen Debatten und kulturpolitischen Diskussionsrunden so lange schwammig, bis er die Situation überschaute. Dann zog er das Unvermeidbare durch, als stoischer Einzelkämpfer.

Elegant ist Flierls Politikstil nicht – aber er hat sich damit auf dem Schleudersitz des Kultursenators erstaunlich gut gehalten. Im rot-roten Senat ist er oft angeeckt, wurde von seiner eigenen Partei bei den Studienkonten ausgebremst. Er konnte die Abwicklung der Berliner Symphoniker nicht verhindern, ebenso wenig den Abgang von Christian Thielemann in der Deutschen Oper. Mit seiner ersten Staatssekretärin hat er sich schnell überworfen, der Posten des obersten Verwaltungsbeamten in seiner Behörde blieb verdächtig lange verwaist.

Bislang hat sich Thomas Flierl durchgebissen, Kärrnerarbeiten erledigt – nun aber muss er eine Reihe heikler Personalentscheidungen treffen: für die Opernstiftung, für das Orchester der Deutschen Oper, für das Maxim-Gorki-Theater, eventuell sogar fürs Deutsche Theater. Da werden die Emotionen hochkochen. Da muss man Gefühle zeigen. Keine leichte Aufgabe für einen wie Thomas Flierl.

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