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Meinung: EU-Gipfel in Göteborg: Der Schatten der Freiheit

Ein Europa ohne Grenzen - das bedeutet auch freie Bahn für Krawallmacher wie beim EU-Gipfel in Göteborg. Es ist eine böse Ironie, dass die Schweden wenige Monate nach ihrem Beitritt zum grenzenlosen Schengen-Raum die Schattenseiten der neuen Freiheit kennenlernen.

Ein Europa ohne Grenzen - das bedeutet auch freie Bahn für Krawallmacher wie beim EU-Gipfel in Göteborg. Es ist eine böse Ironie, dass die Schweden wenige Monate nach ihrem Beitritt zum grenzenlosen Schengen-Raum die Schattenseiten der neuen Freiheit kennenlernen. Chaoten, auch aus Deutschland, haben es sich zunutze gemacht, dass man an der Grenze zum Königreich seinen Pass seit März nicht mehr vorzeigen muss. Dabei ist spätestens seit der letzten Fußball-Weltmeisterschaft, als deutsche Hooligans den französischen Polizisten Daniel Nivel besinnungslos schlugen, bekannt, dass es ein Europa der Reisefreiheit nicht für alle geben darf.

Vielleicht hätten sich die Ausschreitungen, die Göteborg jetzt in eine Reihe mit Seattle, Davos, Prag und Nizza stellen, auch verhindern lassen, wenn sich die Polizei in der westschwedischen Stadt besser auf das Gewaltpotenzial der erstaunlich jungen Demonstranten vorbereitet und nicht nur Deeskalation geübt hätte. Freilich kennt Schweden - anders als Deutschland, zumal das 1. Mai-geplagte Berlin - solche Chaoten-Randale nicht aus dem Alltag. In Skandinavien funktioniert der friedliche Dialog mit politischen Gegnern weitgehend. Das sollte berücksichtigen, wer der schwedischen Polizei nun einen leichtfertig schnellen Schusswaffengebrauch vorwirft. Der Umgang mit Autonomen, die an Deeskalation kein Interesse haben, gehört dort nicht zum Alltagstraining - und deshalb auch nicht eine sorgfältig abgestufte Reaktions-Eskalation.

Die EU, die schon beim EU-Gipfel im vergangenen Dezember in Nizza zur Zielscheibe einer wirren Koalition aller möglichen Gruppen und Grüppchen wurde, muss sich jedenfalls auf den Wiederholungsfall einrichten - und klar trennen zwischen ernstzunehmenden EU-Gegnern, die Europa "nicht so" wollen - und Kriminellen, denen es nicht um Politik, sondern nur Randale geht. Die gut organisierten Krawallmacher sind mittlerweile überall, wo sie viele Kameras vermuten können. Ein Ausreiseverbot für Chaos-Touristen, wie das Kanzler Schröder fordert, wäre eine richtige Gegenmaßnahme. Aber auch nur ein erster Schritt.

Nach Göteborg werden sich die Staats- und Regierungschefs auch Gedanken machen müssen, wie sie diejenigen, die ihre Bedenken gegen die EU draußen vor der Tür friedlich zum Ausdruck bringen, stärker in die Beratungen einbinden wollen. Um friedliche Kritiker von gewalttätigen Chaoten, denen es nicht um Europa geht, zu trennen.

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