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EU-Referendum in Irland: Versetzung nicht gefährdet

Europäische Reifeprüfung bestanden – so müsste es wohl auf einem Zeugnis für die Iren stehen, wenn die Europäische Union eine Schulklasse wäre.

Und für die gesamte EU heißt es seit diesem Wochenende: Versetzung nicht gefährdet. Die Europäer können sich nach dem irischen „Ja“ zum Lissabon-Vertrag ernsthaft auf die nächste Stufe ihrer Zusammenarbeit vorbereiten.

Wäre die EU tatsächlich eine Schulklasse, dann hätte der Schüler aus Dublin vermutlich lange Zeit gar nicht gewusst, warum er die Europäische Union in den vergangenen 16 Monaten so in Aufregung versetzt hat. Denn eigentlich gehört Irland unter den 27 EU-Staaten zu den Musterschülern. Die Iren waren seinerzeit selbst am meisten vom Aufschrei in den anderen EU-Ländern überrascht, nachdem sie den Lissabon-Vertrag im Juni 2008 abgelehnt hatten. Jetzt ist ihnen bewusst geworden, was mit der EU-Reform auf dem Spiel steht. Weniger Vetomöglichkeiten für Blockierer in der EU, mehr Rechte für das Europaparlament und die nationalen Kammern – um diese Neuerungen, die der Vertrag vorsieht, geht es. Seit dem Wochenende sind sie in greifbare Nähe gerückt.

Es sind allerdings wohl nicht nur die langfristigen Vorteile der EU-Reform, die beim Ausgang des irischen Referendums den Ausschlag gaben. Am Ende dürfte vor allem ein wirtschaftliches Kalkül entscheidend gewesen sein: Das krisengeschüttelte Land tief im Westen der Gemeinschaft hat es in erster Linie der EU und den Milliardenhilfen der Europäischen Zentralbank zu verdanken, dass es noch nicht bankrott ist. Das „Ja“ aus Irland hört sich deshalb auch eher wie ein dankbarer Seufzer eines Schiffbrüchigen an, der gerade noch vor dem Ertrinken gerettet wurde. Dennoch kann man das politische Urteilsvermögen der Iren kaum hoch genug einschätzen. Denn sie hätten auch ihren unpopulären Premierminister Brian Cowen abstrafen können und die EU gleich mit dazu. Dass sie es nicht taten, spricht für sie.

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