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Frankreichs Präsident Francois Hollande vor dem Fernsehinterview am vergangenen Donnerstag.

© dpa

Euro-Krise: Frankreichs Präsident will sich nicht an Merkel orientieren

François Hollande gab ein langes Fernsehinterview, in dem er um seinen Ruf kämpfte. Darin distanzierte er sich von Angela Merkel: Frankreich werde sich nicht an ihrem Sparkurs orientieren. Das Problem ist nur: Hollande bekommt das Staatsdefizit nicht in den Griff.

Die wichtigste Nachricht über die Lage der Nation erreichte die Franzosen erst am Tag nach dem groß angekündigten Fernsehinterview mit ihrem Präsidenten. Das Defizit bei den Staatsfinanzen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt BIP, ging im vergangenen Jahr lediglich von 5,3 auf 4,8 Prozent zurück. Das Ziel, die Neuverschuldung auf 4,5 Prozent zurückzufahren, auf das sich die Regierung von François Hollande festgelegt hatte, ist also verfehlt worden. Damit schwinden auch die Aussichten, bis Ende 2014, wie der EU versprochen, wieder die Stabilitätsmarke von drei Prozent zu erreichen.

Ob Hollande über diese Hiobsbotschaft vorab informiert war, als er sich am Donnerstagabend im Sender „France 2“ den Fragen des Fernsehjournalisten David Poujadas stellte, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall steht sie in krassem Kontrast zu der Botschaft, mit der er in 75 Minuten sein angeschlagenes Ansehen bei den Franzosen zu reparieren suchte. Die Arbeitslosigkeit? Sie werde ab Ende dieses Jahres sinken, erklärte er. Das Wachstum? Er werde nicht abwarten, bis es kommt, sondern er werde es schaffen, versicherte er. So oder so ähnlich hatte Hollande das schon in den vergangenen Tagen gesagt, ohne anzugeben, welchen Plan er verfolgt. Woher er die Zuversicht nimmt, dass es tatsächlich so kommt, sagte er auch jetzt nicht.

Nur wenig Konkretes über das, was auf sie zukommt, erfuhren die Franzosen an diesem Abend. Seine Worte sollten vor allem beruhigend wirken. Da hätten Details wohl nur gestört. Neue Steuererhöhungen werde es in diesem und im nächsten Jahr nicht geben, versprach Hollande. An der 75-Prozent-Steuer auf Einkommen von über einer Million Euro, die vom Verfassungsrat gekippt worden war, will er hingegen festhalten. Eingetrieben werden soll sie aber nicht bei den Einkommensbeziehern, sondern direkt bei den Unternehmen, die entsprechend hohe Gehälter zahlen. Die Konzerne sollen damit zur Mäßigung bei der Bewilligung von Vorstandsgehältern gezwungen werden. Umgekehrt sollen Freischaffende wie der Steuerflüchtling Gérard Depardieu zur Rückkehr nach Frankreich animiert werden.

Vage blieb Hollande auch in der Frage einer Rentenreform. Er sagte nur, dass die Beitragszeiten verlängert werden müssten. Ansonsten seien mit der Senkung der Unternehmenssteuer und der Reform des Arbeitsmarkts im Kampf gegen die Krise die nötigen Maßnahmen eingeleitet worden. „Alle Handwerkszeuge liegen vor“, erklärte er. In den Kommentaren der gestrigen Morgenzeitungen brachte ihm diese Behauptung den spöttischen Titel „Monsieur Bricolage“ (Bastler) ein: Hollande bediene sich kleiner Schraubenzieher, wo große Hobel hingehörten, meinte der konservative „Le Figaro“.

Es ist in der Tat ein zwiespältiger Eindruck, den Hollande bei den acht Millionen Franzosen, die seinen Ausführungen bis zum Schluss folgten, hinterlassen haben mag. Auf der einen Seite präsentierte er sich als energischer Präsident, der weiß, wo es langgeht, auf der anderen Seite stellt sich mehr und mehr heraus, dass er Getriebener der Krise ist. Nun muss seine Regierung in Brüssel auch noch um mehr Nachsicht bitten. Eine rigide Sparpolitik werde er jedoch nicht mittragen, sagte er – und fügte hinzu: „Frau Merkel und ich haben nicht die gleichen Vorstellungen.“

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