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Nicolas Sarkozy hat ein neues Sparprogramm angekündigt - auch um Gerüchten über eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs entgegenzuwirken.

© AFP

Euro-Krise: Scheitert Frankreich, scheitert ganz Europa

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy tut gut daran, die Gerüchte um eine Herabstufung der französischen Kreditwürdigkeit zu zerstreuen. Die Gefahren sind damit aber nicht gebannt.

Es ist eine kurze Buchstabenfolge, die dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy den Urlaub vermasselt hat: AAA. Das „Triple A“ droht für die Spitzenpolitiker der führenden Volkswirtschaften zum Fluch dieses Sommers zu werden. Wer über „Triple A“ verfügt, kann noch einigermaßen ruhig schlafen. Wer aber die höchste Bonitätsnote der Ratingagenturen verliert oder zu verlieren droht, muss handeln. Frankreich gilt an den Finanzmärkten, die in dieser Woche zunächst nur die Richtung nach unten kannten, als Kandidat für eine Herabstufung. Da konnte es auch für Sarkozy nur bedeuten: Paris statt Cap Nègre.

Nun mag man zwar dem französischen Staatschef gelegentlich zu Recht vorwerfen, dass er im Zweifel lieber ein Wort zu viel verschwendet, wo er besser geschwiegen hätte. Aber in dieser Woche blieb Sarkozy kaum eine andere Wahl, als seine wichtigsten Minister aus dem Urlaub zurückzubeordern und nach einer Krisensitzung verkünden zu lassen: Frankreich wird weiter sparen. Bis 2013 soll die Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes sinken – wie es der Euro-Stabilitätspakt eigentlich auch vorsieht.

Dass Sarkozy wie ein Getriebener dieses Signal an die Finanzwelt senden musste, hängt damit zusammen, dass die Euro-Zone gerade wieder aufs Neue einen verzweifelten Abwehrkampf gegen die Märkte führt. Seit die Ratingagentur Standard & Poor’s den USA die höchste Bonitätsnote entzogen hat, nehmen die Märkte nun den nächsten Kandidaten für eine mögliche Herabstufung ins Visier: Frankreich. Allerdings gibt es zwischen den USA und der Euro-Zone einen wesentlichen Unterschied. Während es für Präsident Barack Obama als Staatschef eines einheitlichen politischen Gebildes wie den USA ein Leichtes ist, zu erklären, dass sein Staat immer ein „Triple A“-Land bleiben werde, hat es die EU schwerer. Die unterschiedliche Fähigkeit der Euroländer, Wettbewerbsfähigkeit, Schulden und Wachstum zu beeinflussen, liefert den Märkten genau die Angriffsfläche, die ihnen Sarkozy gemeinsam mit Kanzlerin Merkel und den übrigen Staats- und Regierungschefs seit dem Beginn der Griechenland-Krise zu entziehen suchen.

Dabei steht Frankreich noch vergleichsweise gut da. Paris hat zwar unter den Euroländern, die über die beste Bonitätsnote verfügen, die höchste Verschuldung. Allerdings ist auch Deutschlands Staatsverschuldung ähnlich hoch. Frankreichs Schuldenberg ist weit geringer als der Italiens, von Griechenland ganz zu schweigen. Allerdings weiß niemand genau vorauszusagen, inwieweit die milliardenschweren Engagements der französischen Banken in Griechenland noch zum Bumerang für die Finanzwirtschaft im Nachbarland werden könnten.

Frankreichs Realwirtschaft steht weit besser da als die der Pleiteländer Griechenland, Irland und Portugal. Und doch hat die Euro-Krise gelehrt, wie schwer sich ein erst einmal angezähltes Land mit der Refinanzierung auf dem Kapitalmarkt tut, wenn die Anleihezinsen ins Unermessliche steigen. Sarkozy weiß allerdings auch, dass kein Euro-Rettungsfonds groß genug wäre, um Frankreich aufzufangen. Deshalb tut er gut daran, den Gerüchten um eine mögliche Herabstufung Frankreichs jede Nahrung zu nehmen und sein Land möglichst rasch wieder auf das Niveau der erlaubten Neuverschuldung zurückzuführen. Wenn schon ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone in der Praxis keine Option ist, so ist der Euro ohne Frankreich erst recht völlig unvorstellbar. Am Ende wären dann nur noch die nordeuropäischen Länder um Deutschland in einem Torso-Euro übrig. Das wäre das Scheitern des europäischen Gemeinschaftswerks.

Das alles muss Sarkozy im Auge behalten, wenn seine Regierung in zwei Wochen ein Sparprogramm vorlegt. Ausgerechnet im Jahr vor der Präsidentschaftswahl muss er nun ein Kürzungsprogramm präsentieren, das sich mit seinen Ambitionen auf eine Wiederwahl kaum vertragen dürfte. Aber Sarkozy muss sich entscheiden, ob er lieber als erfolgreicher Wahlkämpfer in die Geschichte eingehen will – oder als Europäer.

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