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Deutschland kommt in der aktuellen Krise noch ganz gut weg, Griechenland kämpft hart, Italien verspricht Besserung und Frankreich sorgt sich um seine Banken.

© dpa

Euro-Rettung: Europa setzt auf neue Schulden - mal wieder

Die Regierungen der Eurozone haben den Rettungsring ausgeworfen. Ob die vereinbarten Regelungen auch die gewünschte Wirkung haben, muss sich erst noch zeigen. Wer vom EFSF profitieren wird, steht aber jetzt schon fest.

Erleichterung erfasst Europa. Die politische Führung des Kontinents hat sich doch noch als handlungsfähig erwiesen. Tatsächlich mag an dem Billionenhebel jetzt kein Weg mehr vorbei geführt haben. Aber Freude über den Verhandlungserfolg in Brüssel sollte nicht überdecken, dass kein einziges Problem dauerhaft gelöst wurde – es ist nur etwas Ruhe eingekehrt. Ob der Rettungsfonds EFSF sich bewährt, muss sich erst noch zeigen. Auch Griechenland steht ganz am Anfang. Im Jahr 2020 soll die Verschuldung des Landes auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gesunken sein. Leider kann bei dieser Gleichung mit mehreren Unbekannten vieles schiefgehen. Und die Quote wäre dann immer noch doppelt so hoch wie im Maastricht-Vertrag vorgesehen.

Wieder einmal sollen neue Schulden die Rettung sein, denn über den EFSF werden Staatsanleihen am Finanzmarkt platziert. Auf ein Neues profitieren Banken und Versicherungen davon. Zwar müssen sie ihre Griechenland-Anleihen „freiwillig“ zur Hälfte abschreiben (was die meisten längst getan haben), aber künftig können sie bei Anleihen aus Krisenländern die Euro-Staaten mit in Haftung nehmen. Langfristig führt dieser Weg nicht zum Erfolg. Überschuldung lässt sich nicht mit mehr Schulden lösen. Das klingt logisch, passt nur nicht in die Welt der Wahlversprechen. Von „übermenschlichen Anstrengungen“ spricht Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou, als ob er nur scheitern könne. Bald wird man wohl aus Italien und Frankreich ähnliche Töne hören. Ja, es ist leichter, Wohltaten zu verteilen.

Die Lage in Deutschland unterscheidet sich nicht grundsätzlich. Das Ausmaß des Problems mag geringer sein, das Problem bleibt das gleiche. Auch hierzulande sind jahrzehntelang selbst in Aufschwungphasen ohne Pause neue Schulden gemacht worden. Wenn das Defizit zurückging, dann wurde das schon als Erfolg gefeiert. Deutschland konnte sich das leisten, weil es über einen so hohen Handelsüberschuss verfügt, doch die schwächeren Länder Europas handelten genauso. Sie fanden keine Antwort auf die Globalisierung. Der Aufstieg der Schwellenländer vernichtet zwangsläufig Wohlstand in der entwickelten Welt. T-Shirts aus China statt Griechenland, Autos aus Südkorea statt Italien: Solche Trends verändern Volkswirtschaften und die staatlichen Einnahmen.

Die meisten entwickelten Länder haben ihr schwächeres Wachstum mit staatlichen Ausgaben kompensiert. Damit alles so bleiben konnte, wie es war, wuchsen die Schulden. Dieser Weg ist nun zunehmend versperrt. Aber nicht weil die Politiker ein Einsehen hätten, sondern weil die Bonität ihrer Länder schlechter eingestuft wird. So bleiben eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Gesellschaft nimmt ihren sinkenden Wohlstand in Kauf, oder sie steigert die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen. Sparen oder wachsen – oder beides.

Der Schuldenbremse zum Trotz macht die Bundesregierung den Eindruck, von dieser Erkenntnis weit entfernt zu sein. Solange die Wirtschaft brummt, lassen sich auch ohne Verwerfungen turnusgemäße Rentenerhöhungen wie jetzt angekündigt finanzieren und möglicherweise sogar Steuern senken. Aber sie sind Dividenden eines bereits beendeten Aufschwungs, und sie genügen nicht den künftigen Anforderungen an die Haushaltspolitik. Klüger wäre es, sich jetzt auf sinkenden Wohlstand einzustellen. Dann sind später keine „übermenschlichen Anstrengungen“ notwendig.

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