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Europa-Hilfe aus China: Opa Wen mit dem Geldkoffer

China hilft Griechen und anderen Europäern – aus knallhartem Interesse. Es geht dem bevölkerungsreichsten Land der Welt darum, mehr Marktanteile zu gewinnen, zumal es auf einem anderen Markt ungemütlich wird.

In seiner Heimat lässt sich der chinesische Premierminister Wen Jiabao gerne „Opa Wen“ (Wen Yeye) nennen. Als empathischer älterer Herr präsentiert er sich, der sich hingebungsvoll um seine 1,4 Milliarden Menschen große Familie kümmert. Nach jeder Naturkatastrophe in China eilt Opa Wen an den Unglücksort, lässt sich von den Fernsehkameras in Szene setzen. Nun bekommt ihn auch Europa in dieser Rolle zu sehen.

„Europäer, keine Sorge, wir helfen euch“, lautete die zentrale Botschaft, die Wen Jiabao in Griechenland und beim Europa-Asien-Gipfel in Brüssel verkündete. Zunächst den angeschlagenen Griechen mit einem Hilfsfonds für Schiffsbauer und dem Versprechen, Staatsanleihen zu kaufen. Und dann dem Euro, mit der Zusage, ihn weiter zu stützen. Dabei hat China den Europäern, und vor allem den Deutschen, längst eindrucksvoll geholfen.

So hat der chinesische Konjunkturplan in Höhe von 450 Milliarden Euro bedeutend zur Bewältigung der internationalen Finanzkrise beigetragen. China kam schneller als die meisten Nationen aus dem Tief heraus, was in der Folge auch den deutschen Exporten zugute kam. Der aktuelle wirtschaftliche Erfolg hierzulande ist zu einem Großteil Chinas Importen zu verdanken. Vor allem deutsche Autobauer wissen das. Und nun verspricht China sogar weitere Unterstützung für Europa und seine Währung.

Tatsächlich ist gerade der Versuch Chinas zu beobachten, sich Europa weiter anzunähern und damit seinen Einfluss auf den Euro-Raum zu steigern. Dahinter stehen knallharte wirtschaftliche Interessen. Es geht China darum, größere Marktanteile in Europa zu gewinnen. Das ist wichtig für die größte Exportnation der Welt, zumal es auf einem anderen Marktplatz gerade ungemütlicher wird. Im Streit mit den USA um die Manipulation des Yuan-Kurses scheint sogar ein Handelskrieg näher zu rücken, seit die USA in der vergangenen Woche eine Gesetzesinitiative für Strafzölle auf chinesische Produkte gestartet haben. Zwar wünscht sich auch die Europäische Union eine Freigabe des Yuan. Doch so weit wie die USA sind die Europäer bisher noch nicht gegangen. Und sie dürften es sich angesichts der neuen Großzügigkeit Chinas auch zweimal überlegen.

Es fällt auf, dass China auf der internationalen Bühne am ehesten dann jene Verantwortung übernimmt, die seiner gewachsenen internationalen Rolle auch entspricht, wenn es um Finanzpolitik geht. Wiederholt hat sich das Reich der Mitte für eine stärkere Regulierung der internationalen Finanzmärkte ausgesprochen. Das wundert nicht, würde dies doch am ehesten den heimischen Verhältnissen einer staatlich zentral gelenkten Wirtschaft entsprechen. Das Fortbestehen des eigenen wirtschaftlichen Wachstums bildet das Mantra chinesischer Politik - denn es ist auch eine Art Legitimation für die Ein-Parteien-Diktatur.

Doch auf die wachsende Freundschaft zwischen Europa und China könnte bald der erste Belastungstest warten. Das dürfte nicht an den wirtschaftlichen Konfliktthemen wie Haushaltskonsolidierungen oder Yuan-Aufwertung liegen. Sollte am Freitag der Friedensnobelpreis an den inhaftierten chinesischen Dissidenten und Bürgerrechtler Liu Xiaobo vergeben werden, wird Opa Wen womöglich nicht mehr helfen wollen.

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