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Meinung: „Evi hat nichts zu verbergen“

Manchmal ist Jochen Behles Gemütszustand von außen nur schwer zu erkennen. Seine Augen versteckt er hinter einer verspiegelten Sonnenbrille, mehrere Funkgeräte, die an seinem Körper hängen, schränken seine Bewegungen ein.

Manchmal ist Jochen Behles Gemütszustand von außen nur schwer zu erkennen. Seine Augen versteckt er hinter einer verspiegelten Sonnenbrille, mehrere Funkgeräte, die an seinem Körper hängen, schränken seine Bewegungen ein. Gestern steckte auch noch ein dickes orangefarbenes ZDF-Mikrofon in seiner weißen Jacke. Trotzdem konnte man gestern um kurz vor 14 Uhr seine Gefühle leicht erkennen: Behle streckte jubelnd eine Faust in die Luft.

Jochen Behle, 45, feierte so die vierte Medaille seiner Langläufer, Claudia Künzel gewann im Sprint Silber. Sein Team ist sportlich im Soll, trotzdem ist Behle in den letzten Tagen in die Kritik gerückt. Sein großspuriges Auftreten störte auch seinen Vorgesetzten im Deutschen Skiverband. Sportdirektor Thomas Pfüller sagt: „Er muss aufpassen, dass er nicht über das Ziel hinausschießt.“ Nach den Spielen wolle er sich mit seinem Bundestrainer zusammensetzen.

Der hatte nach der Schutzsperre der Langläuferin Evi Sachenbacher-Stehle den Vorsitzenden der Medizinischen Kommission des internationalen Skiverbandes der Lüge bezichtigt. Am Sonntag nannte er die Razzia der italienischen Polizei bei den österreichischen Langläufer und Biathleten menschenunwürdig. „Das ist eine absolute Frechheit, was die da machen“, sagte er. Pfüller hört solche Sätze mit Bedauern. „Gute Trainer sind nie einfache Menschen“, sagt er.

Jochen Behle ist als Trainer ehrgeizig bis zur Besessenheit. Als Athlet erlangte er nur deshalb Berühmtheit, weil ihn der Reporter Bruno Moravetz 1980 bei den Olympischen Spielen von Lake Placid live im Fernsehen minutenlang mit dem Worten suchte: „Wo ist Behle?“ Seine sportlichen Leistungen hielten sich in nationalen Grenzen. 28 deutsche Meistertitel hat er bis 1998 gesammelt, doch keinen internationalen Titel. Pfüller rechnet Behle hoch an, dass Ost-West-Lager im Langlaufen geeint zu haben. Seit Behle Bundestrainer ist, spielen die deutschen Langläufer international eine herausragende Rolle. Mit Tobias Angerer stellt das deutsche Team zum dritten Mal in Folge den Führenden im Weltcup. Bei diesen Erfolgen wirkt es besonders seltsam, wenn der Bundestrainer dem Antidopingkampf so unsensibel gegenübersteht. „Er muss besonnener werden“, sagt Pfüller, „ein Cheftrainer muss öffentlich anders auftreten.“ Er glaubt an Behles Fähigkeit zu lernen. „In vier Jahren wird das anders sein.“

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